mella68: (Atlantis)
2007-12-22 08:08 pm
Entry tags:

Wichtelgeschenk für [livejournal.com profile] antares04a

Wichtelgeschenk für [livejournal.com profile] antares04a, die sich folgendes gewünscht hatte:
Was ich mag:
Slash: McKay/Sheppard, Lorne, Ronon - in irgendwelchen Pairings, auch "Moresomes". Crossover mit Jack/Daniel und AUs.
Das Rating: je höher desto besser.
Wenn es denn wirklich Gen muss:
Da habe ich keine so besonders großen Vorlieben, nur Beckett als Hauptcharakter wäre nicht so mein Fall.


Ich hab mich so ein bisschen von den "Moresomes" leiten lassen. Leider konnte ich nicht alle Wünsche unterbringen.

Titel: Nightrun
Autor: Mella
Wortzahl: 1.517
Charaktere: Sheppard, McKay (sort of), Cadman
Kategorie: Slash (sort of)
Rating: PG13
Spoiler: 2x04 Duet
Beta: Ganz lieben Dank an [livejournal.com profile] sinaida für das Beta
Disclaimer: Stargate Atlantis und seine Charaktere gehören MGM Television.

Zur Story und zum Coverbild )
mella68: (Default)
2007-08-16 12:56 pm
Entry tags:

Fic: Sleepless, Insomnia-Challenge

Ich habe noch eine kleine Story zur Insomnia-Challenge auf [livejournal.com profile] sga_rtistisch geschrieben. Es ist ein kleines bißchen Slash angedeutet, aber nur insofern, dass Rodney und John zusammen im Bett liegen (nur liegen, nichts weiter), ansonsten ist es mehr Humor.

Titel: Sleepless
Autor: Mella
Fandom: Stargate Atlantis
Short-Cut: Rodney kann nicht schlafen und hält damit auch andere wach.
Charaktere: McKay, Sheppard
Kategorie: Humor, Slash
Rating: PG-13
Länge: 2500 Worte
Author's Note: Ganz lieben Dank an [livejournal.com profile] starkat75 für das Beta
Disclaimer: Stargate Atlantis und seine Charaktere gehören MGM Television.

Hier gehts zur Story mit Coverbild
mella68: (Default)
2007-08-16 12:56 pm
Entry tags:

Sleepless



Sleepless

von Mella

Dr. Rodney McKay betrat müde seine privaten Wohnräume auf Atlantis. Es war schon spät in der Nacht und er wünschte sich eigentlich nichts sehnlicher, als sich in sein Bett zu legen und sofort einzuschlafen.

Schlaftrunken taumelte er auf sein Bett zu. Ah ja, John war schon da und schien tief und fest zu schlafen. Doch bevor er sich bäuchlings aufs Bett werfen konnte, fiel ihm ein, dass er sich erst noch seine über und über dreckigen Sachen ausziehen sollte, wenn er nicht morgen das Bett erneut beziehen wollte. Außerdem achtete sein Freund sehr auf Ordnung und Reinlichkeit. Eine Tugend, mit der es Rodney ab und zu nicht so genau nahm.

Ergeben machte er sich daran, sich das mit Öl und Dreck verschmierte Shirt über den Kopf zu ziehen. Achtlos landete es neben dem Bett auf dem Boden. Als er sich die Hose mühsam von den Beinen gestrampelt hatte, stellte er fest, dass er die Schuhe noch an hatte. Na kein Wunder, dass er für die Hose so lange gebraucht hatte. Gott, er war einfach zu müde und zerschlagen. Er ließ sich rücklings auf das Bett fallen und fummelte eine Zeitlang mit der Spitze seines rechten Schuhs an seinem linken herum, bis dieser von seinem Fuß fiel. Anschließend prokelte er mit seinem linken großen Zehn an seinem rechten Schuh, doch der wollte und wollte sich einfach nicht von seinem Fuß lösen.

Als von seinem Bettnachbarn Geräusche kamen, die sich verdächtig nach einem Hundeknurren anhörten, setzte sich Rodney stöhnend wieder auf und suchte mit fahrigen Fingern nach den Schnürsenkeln seines rechten Schuhs. Endlich fand er sie und zog den Knoten auf. Völlig kaputt ließ er sich wieder zurückfallen und strampelte nun endlich seinen Schuh vom Fuß. Stöhnend legte er sich einen Arm über die Augen, nur um ihn so schnell wie möglich wieder anzuheben. Nicht gerade Veilchenduft, der ihm in die Nase strömte. Prüfend schnüffelte er an seinem Arm entlang bis er zur Achselhöhle gelangte. Mit einem angeekelten Geräusch stieß er die Luft aus der Nase, als könnte er so den unangenehmen Geruch daraus verbannen.

Einen stillen Moment lang debattierte er mit sich selbst, ob er noch mal aufstehen und sich im Bad waschen sollte. Zum Glück für seine und Johns Nase überwand er seinen inneren Schweinehund und quälte sich aus dem Bett. Ohne das Licht anzuschalten tapste er durch das Zimmer in Richtung Bad.

Rumms. Als sein nackter kleiner Zeh mit voller Wucht gegen die Kante der Kommode neben der Badezimmertür stieß, konnte er einen lauten Aufschrei nur deshalb unterdrücken, weil ihm buchstäblich die Luft weg blieb. Als nach schier endlosen Sekunden die Starre und auch der heftige Schmerz nachließen, humpelte er mit lautem Stöhnen wieder zurück zum Bett. Das Waschen war jetzt total vergessen.

Er setzte sich auf die Bettkante und hob vorsichtig seinen linken Fuß auf seinen rechten Oberschenkel, um den besagten kleinen Zeh zu begutachten. Er war bestimmt gebrochen, da war er sich sicher. Da er im Dunkeln nicht viel erkennen konnte, knipste er die Nachtschränkchenlampe an. Vorsichtig fasste er mit zwei Fingern den kleinen Zeh an und bewegte ihn vor und zurück. Verdammt, das tat saumäßig weh, aber gebrochen schien nichts zu sein. Zumindest hatte er keine Knochen knirschen gehört, noch bohrten sich etwaige Knochensplitter durch die Haut. Schade eigentlich, denn nur wenn er solche Symptome aufweisen konnte, durfte er Carson nachts aus dem Bett holen. Strickte Anordnung von Dr. Beckett, nachdem er ihn einmal zu viel wegen einer kleinen Schnitt- oder Schürfwunde aus dem Bett geholt hatte. Wenn nichts Lebensbedrohendes vorlag, hatte er sich mit dem jeweiligen Bereitschaftspersonal auf der Krankenstation zufrieden zu geben. Und auf eine Behandlung von Dr. Cole hatte er heute Nacht nun wirklich keine Lust.

Vorsichtig stellte er sich auf seinen Hacken und humpelte etwas lauter fluchend durch den Raum wieder in Richtung Badezimmer. Es war besser wenn er seinen Zeh mit einem feuchten Waschlappen kühlte, falls er verstaucht war. Und wenn er schon mal da war, konnte er sich auch gleich mit dem Lappen unter den Achseln herwischen. Im Badezimmer angekommen stemmte er sein linkes Bein hoch, bis der Fuß im Waschbecken lag. Dann stellte er den Wasserhahn an und ließ erfrischend kaltes Wasser über seine Fußspitze laufen. Ganz in seine Aufgabe vertieft, bemerkte er nicht, dass im Schlafraum inzwischen die Deckenbeleuchtung angegangen war.

"Rodney?"

Erschrocken drehte sich Rodney zur Tür, dabei ganz vergessend, dass er ja nur auf seinem rechten Bein stand. Prompt kam er aus dem Gleichgewicht und hüpfte auf seinem rechten Fuß so lange durch das Bad, bis er durch den Rand der Badewanne gestoppt wurde. Polternd fiel er rückwärts hinein und stieß sich schmerzhaft den Hinterkopf am Wannenrand.

"Rodney? Ist was passiert?", kam es besorgt von John aus dem Schlafzimmer.

"Uhhm", war Rodney einzige Antwort.

Johns Kopf lugte durch den Eingang. Seine verwuschelten Haare standen in alle Richtungen ab und er gähnte laut. Doch sein Blick zeigte echte Besorgnis. Er kam näher und streckte Rodney eine Hand entgegen, damit dieser sich daran hochziehen konnte.

Dankbar nahm Rodney die Hilfestellung an und rappelte sich mühsam auf. Er fuhr sich stöhnend mit der Hand über den Hinterkopf und prüfte, ob er sich keine Platzwunde zugezogen hatte.

"Alles in Ordnung?", fragte John noch einmal nach. Er zog Rodney näher zu sich heran und vergewisserte sich selber noch einmal, dass sein Gebliebter keine Verletzung davongetragen hatte.

"Alles okay", bestätigte er, nachdem er Rodney Hinterkopf abgetastet hatte. "Das kann noch eine Beule geben, aber mehr ist es scheinbar nicht." Er drückte Rodney einen Schmatzer auf den Hinterkopf und ging dann zurück in Richtung Bett.

"Was hast du da überhaupt gemacht?", fragte er mit Kopfnicken auf Rodney Fuß, um den immer noch der Waschlappen gewickelt war.

Übertrieben Mitleid heischend humpelte Rodney hinter ihm her. "Ich habe mir wahrscheinlich den kleinen Zeh bei Zusammenstoß mit der dämlichen Kommode gebrochen", schimpfte Rodney als er sich auf das Bett setzte. Demonstrativ hielt er John seinen Fuß entgegen.

"Den küsse ich aber nicht!" John hob dennoch den Fuß an und überprüfte den besagten Zeh. "Nichts gebrochen, höchstens geprellt oder leicht verstaucht. Morgen kannst du wieder ohne Probleme laufen."

"Aber er tut weh", maulte Rodney und zog seinen Fuß wieder auf seinen Schoß, um ihn nochmals näher zu untersuchen.

"Dir wird noch was ganz anderes weh tun, wenn du jetzt nicht endlich das Licht ausmachst und schläfst. Leg den Fuß meinetwegen hoch, aber leg dich hin." John war inzwischen wieder ins Bett gekrochen und hob die gemeinsame Bettdecke einladend an.

Rodney gab die weitere Inspektion seines kleinen Zehs auf und legte sich mit einem Mitleid erregenden Stöhnen an Johns Seite. Sein Kopf schmerzte, sein Zeh puckerte und an seinem Achselgeruch hatte sich leider Gottes immer noch nichts geändert. Das würde eine lange Nacht werden. Er wusste ganz genau, dass er so niemals einschlafen konnte.

***


Zwei Stunden später, und er lag immer noch wach im Bett. Sein Hinterkopf schmerzte wenn er auf dem Rücken lag und wenn er sich auf die Seite legte tat sein kleiner Zeh weh, weil er nur auf der rechten Seite schlafen konnte. Außerdem kam ihm jedesmal, wenn er versuchte ruhig und tief durchzuatmen, sein Körpergeruch in die Nase und das störte ihn am Allermeisten.

Vor einer Stunde hatte er eines der Fenster geöffnet, um frische Luft ins Zimmer zu lassen. Dummerweise hatte das ein Insekt als Einladung empfunden und schwirrte nun laut summend unter der Zimmerdecke hin und her und prallte ab und zu mit einem lauten Klatscher dagegen.

Unruhig drehte er sich wieder einmal auf den Rücken. Vorsichtig bemüht, seinen Hinterkopf nicht zu hart auf das Bett aufzulegen, merkte er, dass sich seine Nackenmuskeln verspannten. Na Bravo, jetzt tat ihm auch noch sein Genick weh, als wenn der Rest seines malträtierten Körpers nicht schon reichte.

Seine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt und er konnte gut die verschiedenen Antikermuster an der Decke erkennen. Vielleicht half ja zählen? Doch schon nach zwanzig Antikersymbolen merkte er, dass ihn diese Aufgabe zwar langweilte, aber doch nicht zum Einschlafen brachte.

Missmutig wollte er sich wieder auf die Seite drehen, als sich ein schwerer Arm seines Bettnachbarn über sein Brust legte und ihn dort festhielt.

"Wenn du dich noch einmal in diesem Bett herumdrehst, dann bringe ich dich höchstpersönlich in die Krankenstation und ich habe dann endlich für den Rest der Nacht meine Ruhe", klang es bedrohlich leise an seinem linken Ohr.

"Ich kann nicht schlafen", nörgelte Rodney weinerlich.

"Das merke ich. Mach die Augen zu und bleib still liegen, dann schläfst du auch irgendwann ein."

"Ich versuch's ja, aber es klappt nicht. Vorhin, als ich zu Bett gehen wollte, wäre ich auf der Stelle eingeschlafen, so hundemüde war ich. Aber jetzt tut mir alles weh, mein Kopf, mein Fuß und mein Rücken und ...."

"... und du stinkst, Rodney", fiel ihm Sheppard ins Wort.

"Genau. Das alles nur, weil ich mich noch kurz waschen wollte ... weil ich dich doch nicht mit meinem Geruch stören wollte."

"Das finde ich ja furchtbar lieb von dir, aber im Moment störst du mich mehr mit deinem Herumwälzen im Bett als mit deinen Körperdüften. Also versuch jetzt zu schlafen."

"Aber es klappt nicht und ..."

"Okay, okay, es reicht. Ich steht jetzt auf und ..."

"Ich geh nicht auf die Krankenstation", unterbrach ihn Rodney schnell.
"Das wollte ich auch gar nicht. Ich gehe jetzt ins Badezimmer und lasse dir ein heißes Bad ein. Das tut deinem Rücken gut und hilft dir bestimmt beim Einschlafen."

"Du musst das nicht für mich tun", beschwerte sich Rodney, der sich bevormundet fühlte.

"Wenn nicht für dich, dann eben halt für mich", bekam er als Antwort. Damit sprang Sheppard aus dem Bett und verschwand zielsicher im Bad. Neidisch registrierte Rodney, dass er mit seinen Zehnen noch nicht einmal in die Nähe der Kommode kam. Gleich darauf konnte er die Sprudelgeräusche des einlaufenden Wassers hören.

John kam aus dem Bad und hielt zwei Glasflakons in der Hand, auf denen er mit zusammengekniffenen Augen herumstudierte.

"Was ist das hier?", fragte er und hob eine grünliche Flasche in die Höhe.

"Mundspülung", grinste Rodney. "Aber das andere müsste ein Wellnessbad sein, das mir die Athosianer geschenkt haben. Für die Reparatur ihres Pumpensystems letzten Monat. Ich hab's noch nicht ausprobiert."

"Wellness ist gut. Wellness entspannt und du kannst dann endlich schlafen und ich hoffentlich dann auch." Damit verschwand John wieder im Badezimmer.

Rodney stemmte sich vom Bett hoch und humpelte zum Badezimmer, dieses Mal sorgfältig die Kommode umrundend. Aus dem Bad strömte ihm ein strenger Geruch entgegen, der ihn an Lakritze gemischt mit dem Duft frischgemähtem Rasens erinnerte. Er sah gerade noch, wie John den letzten Tropfen aus der Flasche ins Bad goss. Auf der Wasseroberfläche hatte sich inzwischen ein hellroter Schaumteppich gebildet.

"Hast du etwa alles da rein getan?"

"Klar, besser zu viel als zu wenig. Und jetzt hüpf rein", grinste ihn Sheppard ihn an.

"Ha ha, wie lustig. Hüpfen sagt der Mann." Stöhnend hielt sich Rodney an Sheppard fest und versenkte vorsichtig einen Zeh im Wasser, um die Temperatur abschätzen zu können. Genau richtig, wie er feststellen konnte. Er hob seinen Fuß zurück und zog sich schnell T-Shirt und Boxershorts aus.

Langsam hockte sich Rodney in die Wanne und verspürte sofort die entspannende Wirkung des heißen Wassers auf seine Muskeln. Genüsslich lehnte er sich zurück und schloss seine Augen.

"Ich geh dann mal wieder ins Bett."

"Hm?"

"Bleib nicht zu lange drin."

"Hm."

"Okay."

Rodney öffnete ein Auge, aber Sheppard war schon aus dem Badezimmer verschwunden. Mit sich und der Welt zufrieden schloss er es wieder und genoss die Ruhe und Wärme. Wenn er hiernach nicht einschlafen konnte, dann wusste er auch nicht mehr, was ihm noch helfen konnte.

***


Es war einige Zeit vergangen, als er mit einem Mal wieder das laute Summen des Insekts hörte, das ihn vorhin schon um den Schlaf gebracht hatte. Widerwillig öffnete er die Augen und blickte auf ein mindestens zehn Zentimenter großes, knallrotes Insekt, das - scheinbar angezogen vom Duft des Wellnessbades - knapp unterhalb seines Kinns im Tiefflug über der Schaumoberfläche sauste.

Rodney lag stocksteif in der Wanne. Das letzte was ihm heute Nacht noch fehlte, war ein Insektenstich und ein daraufhin unweigerlich folgender anaphylaktischer Schock. Nein danke.

Mit einem Mal schien das Insekt die Orientierung verloren zu haben, denn es brauste unkontrolliert gegen die Zimmerdecke. Der Sturz in sein Badewasser war damit unvermeidlich. Hilflos begann das Wesen herumzustrampeln, aber der rötliche Schaum hatte es fest in seinem Griff.

In panischer Angst gestochen zu werden und weil er sein Wellness-Bad für sich allein haben wollte, zog Rodney seine Knie an die Brust und suchte nach einem Gegenstand, mit dem er das Tier aus dem Wasser entfernen konnte. Der Duschkopf saß leider fest montiert an der Wand. Sein Blick irrte durch das Badezimmer. Da, sein Rubbelhandschuh auf dem Badewannenrand. Genau richtig für das Händeln gefährlicher Insekten. Er hatte ihn gerade vorsichtig unter dem Tier platziert als er merkte, dass es sein verzweifeltes Strampeln eingestellt hatte und bewegungslos im Schaum stecken blieb.

Er hob den Handschuh an und betrachtete mit morbider Faszination das tote Insekt. Es hatte die beiden vorderen Beine von sich gestreckt und die restlichen waren am knallroten Körper zusammengekrampft. Ein perfektes Bild in einem Werbespot für ein Insektizid.

Als sich eines der Beine bewegte schleuderte er vor Schreck den Handschuh über den Wannenrand. Er prallte mit einem Platscher an der Wand und blieb mit dem Käfer darauf liegen. Angestrengt beäugte er es, aber nichts weiter geschah. Es war wohl doch tot und dies war ein letztes Zucken gewesen.

Rodney warf einen Blick in Richtung Tür und fragte sich, ob John wohl schon wieder schlief. Ein Versuch war es wert.

"John?"

Nichts rührte sich.

Er startete einen weiteren Versuch, diesmal etwas lauter und eindringlicher. "John?"

Da sich immer noch nichts regte, beschloss Rodney, die Hilfe-Karte auszuspielen. Darauf reagierte John meistens. Nicht immer, aber meistens.
"Hilfe!"

"Okay, okay, ich bin ja schon da", hörte er John grummeln. Dann steckte dieser den Kopf durch die Türöffnung und blickte Rodney mit zusammengekniffenen Augen an.

"Da!" Rodneys langgestreckter Arm inklusive Zeigefinger sollte ihn wissen lassen, wohin er zu gucken hatte. Aber scheinbar war John noch nicht ganz wach, denn er starrte auf Rodneys Fingerspitze und schien zu überlegen, was es dort für ihn zu sehen gab.

"Rodney, was soll ich hier", knurrte er bedrohlich leise.

"Da! Mach es weg."

"Was?" Endlich schien John zu begreifen, dass er in die Richtung des ausgestreckten Zeigefingers zu schauen hatte. "Ach das." Er fing an zu grinsen.

"Ach das? Du tust so als wäre das 'ne Stubenfliege. Ich hätte hier gestochen werden und an einem anaphylaktischen Schock sterben können und du hättest nichts gemerkt. Du hättest mich morgen früh als aufgequollene Wasserleiche in der Wanne finden können. Und du sagst nur 'ach das'." Rodney hatte sich richtig in Rage geredet.

"Es ist nur eine Fliege. Zugegeben, eine etwas größere, aber nichtsdestotrotz nur eine Fliege. Die Pegasus-Variante eben halt."
John stapfte zur Wand und ging in die Hocke. Vorsichtig berührte er das Insekt mit einem Finger, doch nichts rührte sich. Es war wohl tot. Er nahm den Handschuh hoch und trug das tote Insekt zum Fenster, wo er es mit angeekeltem Gesichtsausdruck abschüttelte.

"Den kannst du gleich mit entsorgen", rief Rodney, als John die Hand mit dem Handschuh wieder hereinzog. "Du glaubst doch nicht, dass ich den je wieder benutze!"

Kopfschüttelnd warf John das Teil in den Mülleimer. Dann kam er herüber zur Wanne und streckte Rodney eine Hand entgegen, um ihn aus dem Wasser zu helfen.

"Hey, ich bin noch nicht fertig", beschwerte sich Rodney und versank wieder bis zum Kinn im Wasser.

"Ich will jetzt endlich schlafen. Und das kann ich nicht, solange du hier im Wasser plantscht und Gefahr läufst, dir die Knochen zu brechen, von Insekten zu Tode gestochen zu werden oder zu ertrinken." John stemmte seine Hände in seine Hüften und schaute herausfordernd auf Rodney herunter.

"Ich bin gerade mal 'ne Viertelstunde hier drin und das Wasser ist noch heiß."

"Na, ich weiß ja nicht.." John ließ seinen Satz unvollendet.

"Was? Was weißt du nicht?"

"Hmm, eine Viertelstunde in einem Wellnessbad, in dem eines der widerstandsfähigsten Insekten dieser Galaxie innerhalb von Sekunden den Löffel abgegeben hat?" Scheinbar resignierend wandte sich John in Richtung Tür. "Aber es ist dein Körper, dem du das ...."

Weiter kam John nicht, denn mit einem Satz war Rodney auf die Füße gesprungen und wunsch sich mit der Dusche etwaige Überreste des Wellnessbades vom Körper. Als der Wasserstrahl abgestellt wurde streckte ihm John grinsend ein Handtuch entgegen und verließ dann laut gähnend das Badezimmer.

Rodney trocknete sich sorgfältig ab und sorgte dafür, dass auch nicht mehr der allerkleinste Tropfen auf seiner Haut verblieb. Sich die Haare trocken rubbelnd ging er zurück in den Schlaf- und Wohnbereich. John lag schon wieder eingekuschelt im Bett, hob aber, als er Rodney hörte, wieder einladend die Bettdecke an.

Schnell warf Rodney das Handtuch beiseite und kroch ins Bett. Er drehte sich auf die Seite und kuschelte sich mit dem Rücken an Johns Brust.
Sein ganzer Körper kribbelte, teils wegen dem Wellnessbad, teils noch auf Grund des Adrenalinstoßes, der ihm bei Johns Worten durch den Körper geschossen war. In diesem Zustand würde er bestimmt nicht einschlafen können. Er kannte seinen Körper schließlich ganz genau. Okay, dann würde er eben den Rest der Nacht wach verbringen. Sein letzter klarer Gedanke war, morgen als allererstes die Reste dieses sogenannten Wellnessbades vom Biologielabor untersuchen zu lassen. Dann war er auch schon eingeschlafen.

Ende
 
mella68: (Default)
2007-07-18 12:03 am
Entry tags:

Neue Fic: Traumtänzer

Ich habe eine neue Story für die Sommer-Challenge auf [livejournal.com profile] sga_rtistisch geschrieben. Sie heißt "Traumtänzer" und ist Slash/Humor. Natürlich McShep.

Ganz lieben Dank an [livejournal.com profile] starkat75 für ihre tollen Anregungen und hilfreichen Tips, wenn ich gehangen habe, und an [livejournal.com profile] sinaida für das schnelle Beta

Hier gehts zur Story mit Coverbild


Als kleine Einstimmung auf die Story seht euch mal dieses Bild an. Dann wisst ihr ein wenig, was euch erwartet. *g*
mella68: (Default)
2007-07-18 12:03 am
Entry tags:

Traumtänzer



Traumtänzer
von Mella

"Ein was?", quiekte McKays Stimme durch den Raum.

"Einen Sommernachtsball, Dr. McKay. Ich habe festgestellt, dass wir hier viel zu wenig gesellschaftliche Veranstaltungen haben. Daher habe ich beschlossen, in der Messe einen Ball auszurichten", verkündete Dr. Weir in ihrer wöchentlichen Besprechung mit allen leitenden Wissenschaftlern und dem führenden Militärpersonal.

"Und selbstverständlich ist die Teilnahme für das Seniorpersonal Pflicht", fügte sie mit einem Grinsen hinzu.

Rodney, der gerade ein verführerisches Lächeln von Katie Brown von der anderen Seite des Tisches her aufgefangen hatte, stöhnte entsetzt auf. Ganz sicherlich erwartete Katie von ihm, dass er sie fragen würde, ihn zu diesem Ball zu begleiten.

Nicht, dass er etwas gegen Katie Brown einzuwenden hätte. Sie war klug und amüsant - kurz gesagt, angenehme Gesellschaft. Nein, sein Problem lag woanders, ganz woanders.

Als das muntere Durcheinander von Stimmen immer lauter wurde, erklärte Elizabeth die Besprechung für beendet. Sie packte ihre Unterlagen zusammen und verließ den Raum, verfolgt von einer Horde Wissenschaftlerinnen, die sich teenagermäßig über Ballkleider, Musikwünsche und Saaldekorationen ausließen.

Dumpf vor sich hin brütend saß Rodney auf seinem Stuhl. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Aus seinen Gedanken hochgeschreckt blickte er auf und sah in das grinsende Gesicht von John Sheppard.

"Was ist los, Rodney? Du scheinst dich ja gar nicht darauf zu freuen." Das Grinsen auf seinem Gesicht schien die Besorgnis in seiner Stimme Lügen zu strafen.

"Ich bin tot", murmelte Rodney leise vor sich hin. "Sowas von tot."

"Ach komm schon. So schlimm ist ein Ball doch nun auch wieder nicht. Du tanzt einen Pflichttanz und schon kannst du dich wieder deinen Experimenten in deinem Labor widmen."

"Das ist ja gerade mein Problem", erwiderte Rodney mit einem Seufzer. "Hast du den Blick von Katie Brown gesehen? Ich sag's dir, ich fühlte mich wie ein aufgestochener Schmetterling in einem Schaukasten."
"Ich dachte, du magst Katie. Wo liegt dein Problem?"

"Ich kann nicht tanzen, da liegt mein Problem."

"Hm, ich denke da kann dir geholfen werden", verkündete Sheppard mit einem, wie es Rodney schien, hinterhältigen Lächeln. Vielleicht hatte er sich auch getäuscht.

***


"Herrje, Rodney. Pass doch auf wo du hintrittst", bemerkte John leicht gereizt einige Stunden später in seinem Quartier. Sie hatten alle beweglichen Möbel beiseite geschoben und John versuchte sein Möglichstes, Rodney in die Kunst des Tanzens einzuführen. Aus den Lautsprechern von Johns kleiner Stereoanlage erklang Johnny Cash, was sonst. Rodney hatte so seine Zweifel, ob man zu Countrymusik überhaupt tanzen konnte, außer vielleicht Squaredance.

Krampfhaft bemüht, nicht zu nahe an John heranzutreten, geschweige denn ihn zu intim zu berühren, merkte er, dass er sich wieder einmal verzählt hatte. Er richtete seinen Blick starr auf seine Füße und ließ seine Hand, die gerade mal soeben Johns Hüfte berührt hatte, heruntergleiten. Leider genau über Johns Hintern, was Rodneys Unwohlsein nur noch verstärkte.

Mit festem Griff packte John Rodneys rechten Arm und legte ihn wieder um seine Taille.

Rodney hatte das Gefühl, als würden 10.000 Volt durch seine Fingerspitzen fahren als er wieder Johns Körper unter seiner Hand spürte. Verdammt, warum löste diese einfache Berührung solche Gefühle in ihn aus? Sie hatten doch schon zigmal zusammen gesessen und sich berührt, sogar etliche Male gemeinsam nebeneinander in einem Zelt übernachtet. So langsam sollte er sich doch an die Berührungen dieses Mannes gewöhnt haben.

Ein "Rodney, konzentrier dich", brachte ihn wieder zum eigentlichen Grund seines Hierseins zurück. Er seufzte und rollte seinen Kopf hin und her, um etwas von der Anspannung in seinem Genick zu lockern.
Aus den Minilautsprechern erklang inzwischen "Ring of Fire". Wann hatte der Song gewechselt? Also, das war nun ehrlich kein Lied, zu dem man tanzen konnte. Rodney versuchte, sich aus dem seiner Meinung nach viel zu festen Griff des Colonels zu lösen, aber John hatte scheinbar andere Vorstellungen.

"Du willst mir doch nicht weismachen, dass man dazu tanzen kann", beschwerte sich Rodney, den Blick weiterhin auf seine Füße gerichtet, die inzwischen heillos aus dem Takt gekommen waren. Zu seinem Schrecken musste er beim Blick nach unten feststellen, dass noch etwas ganz anderes aus dem Rhythmus gekommen war.

"Au!" Mist, schon wieder hatte er einen Fuß des Colonels getroffen.
"Tut mir leid, aber das funktioniert nicht." Rodney trat energisch einen Schritt zurück und schaffte es, aus Johns Klammergriff freizukommen.

"Wer wollte den tanzen lernen, du oder ich?", schnappte John zurück.
"Aber ich möchte wetten, dass auf dem Ball keine Country Music gespielt wird. Hast du denn keine andere Songs?" Wenn er Glück hatte, besaß Sheppard keine anderen Musikdateien auf seinem MP3-Player und er konnte sich aus dieser unangenehmen Situation befreien, bevor es peinlich wurde.

"Okay, okay, aber sag' hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt."
John ging zu einem Regal und suchte eine CD heraus, auf der scheinbar andere als Country Music abgespeichert war. Er legt sie ein und schon klang ein Wiener Walzer durch den Raum.

Noch ehe Rodney darüber wundern konnte, warum Sheppard Walzermusik mit nach Atlantis genommen hatte, hatte dieser wieder einen Arm um seine Schultern gelegt und ihn mit sanfter Bestimmtheit an seine Brust gezogen. Rodney stöhnte gequält auf. Das wurde ja immer schlimmer. Ergeben gab er sich seinem Schicksal hin. Immerhin konnte er mit Walzer mehr anfangen als mit Johnny Cash.

***


Glücklich und zufrieden lehnte sich Rodney in Johns starken Arm zurück und ließ sich von ihm über die Tanzfläche der frei geräumten Messe führen. Das weiße Licht des aufgehenden Vollmondes schien durch die hohen Fenster des prachtvoll geschmückten Saales und brach sich in den vielen Spiegeln an den Seitenwänden. Auf dem glatt polierten Boden spiegelte sich der sternenklare Sommerhimmel wider.

Aus den Lautsprechern erklang "Cheek to Cheek" aus den 30er Jahren, was John auch gleich in die Tat umsetzte, indem er seinen Mund in Rodneys Halsbeuge presste. Ein wohliges Gefühl durchströmte Rodney und er gab sich ganz der gekonnten Führung seines Tanzpartners hin. Harmonisch bewegten sie sich zu der Musik und glitten fast geräuschlos über den Boden.

Er spürte, wie die Blicke der Anwesenden auf ihnen ruhten. Es gab Getuschel und leises Raunen, aber das war ihnen egal. Hier, weit weg von der Erde und all ihren Vorschriften und strengen Konventionen, konnten sie ihre Liebe frei zeigen.

Rodney war stolz auf seinen wundervollen Freund und betrachtete ihn jetzt etwas genauer. John war in einen perfekt sitzenden Frack gekleidet, passend mit auf Hochglanz polierten schwarzen Schuhen. Auf seinem Kopf thronte ein schmucker Zylinder. Wäre John ein Stück kleiner gewesen, hätte man ihn leicht mit Fred Astaire verwechseln können, und das nicht nur wegen seines Aussehens. Johns Füße bewegten sich mit einer Leichtigkeit über den Boden, als würde er schweben.

Rodney drängte seinen Körper noch enger an John und legte einen nackten Arm um dessen Hals.

Nackter Arm?

Erschrocken blickte Rodney an sich herunter und musste zu seinem größten Entsetzen feststellen, dass er ein elfenbeinfarbenes Ballkleid mit Rüschen und kleinen Röschen trug, das zudem auch noch ziemlich weit ausgeschnitten war.

Panisch blickte er sich um und sah sich dabei im Spiegel. Er trug lange, glitzernde Ohrringe und zum Kleid passende, weiße Schuhe mit hohen Absätzen. Und sein Gesicht war geschminkt – mit Lidschatten und Lippenstift!

Plötzlich konnte er auch das Gemurmel und Getuschel der Umstehenden begreifen. Einige hoben die Hand, zeigten hämisch grinsend mit dem Finger auf ihn. Aus dem Getuschel wurde spöttisches Gelächter. Aus allen Ecken hallte es wider und schrillte in seinen Ohren.

Weg hier! Bloß weg von hier! , schrie es in Rodney. Doch John packte ihn lachend und wirbelte ihn gekonnt herum, ohne ihn loszulassen. Alles begann sich zu drehen. Die Gesichter der anderen Leute wurden zu schrecklichen Fratzen und das Gelächter immer lauter.

***


„Nein! … Stopp! … Aufhören!“, schrie Rodney mit geschlossenen Augen, wedelte wie wild mit seinen Händen durch die Luft und strampelte seine Bettdecke fort. Schweißgebadet schreckte er aus seinem unruhigen Schlaf auf und fuhr sich über die Brust, um sicherzugehen, dass er nicht doch ein Ballkleid trug.

Ein Traum… Gott sei Dank nur ein Traum. Erleichtert rieb sich Rodney mit den Händen über das schweißnasse Gesicht und atmete tief ein.
Das war jetzt schon der fünfte Alptraum in Folge gewesen. Zum Glück nur noch zwei Tage bis zum Sommernachtsball.

Wer hatte Elizabeth bloß diese hirnrissige Idee in den Kopf gesetzt? Als hätte er nicht schon Arbeit genug, musste er sich jetzt auch noch in seiner knapp bemessenen Freizeit damit herumplagen, seinen Füßen rhythmische Bewegungen beizubringen.

An die rhythmischen Bewegungen seinen restlichen Körpers wollte er lieber nicht so genau denken. In der letzten Nacht hatte er davon geträumt, wie er in einer schäbigen texanischen Bar einen Table Dance absolvierte. Insgeheim fragte er sich, ob er wohl in Wirklichkeit zu solchen Bewegungen fähig wäre. John, der als Gast in der Bar gewesen war, hatte ihm einen Fünfziger in den Strumpfhalter gesteckt. Von dem Strumpfhalter und der Spitzencorsage war er nicht minder geschockt gewesen wie jetzt vom Ballkleid.

Die Träume in den Nächten davor waren ebenso ereignisvoll wie auch schockierend gewesen. Das ging von einer Parodie des Laurel und Hardy Films "Sugar Daddies" über Squaredance bis hin zum Cheerleading mit John als Footballprofi, der mit ihm jubelnd nach Spielgewinn einen Freudentanz vollführte. Mit Schaudern erinnerte er sich daran, wie er inmitten einer Meute Teenies "Gib mir ein J, gib mir ein O, gib mir ein H, gib mir ein N, JOHN SHEPPARD" gerufen hatte.

John. Immer wieder war es Sheppard gewesen, mit dem oder für den er in seinen Träumen getanzt hatte. Und immer hatte er sich in der Umarmung des Colonels wohl und geborgen gefühlt und die Berührungen des anderen Mannes genossen.

Vielleicht sollte er ein Gespräch mit Dr. Heightmeyer über seine Träume führen. Obwohl er sich bereits selbst schon denken konnte, was ihm diese Träume, oder besser Albträume, sagen wollten.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es kurz vor sechs war. Ohnehin bald Zeit zum Aufstehen. Da brauchte er gar nicht mehr versuchen, wieder einzuschlafen.

Etwas steif kletterte er aus dem Bett und streckte die müden Glieder. Herrje, schlafwandelte er neuerdings? Seine Muskeln fühlten sich an, als hätte er wirklich die halbe Nacht durchgetanzt. Jetzt fehlte ihm zu allem Pech noch eine Grippe. Prüfend legte er sich eine Hand auf die Stirn. Hatte er schon Fieber? Einerseits konnte er sich im Moment bei seinem Arbeitspensum keine Krankheit leisten. Aber wer konnte das schon auf Atlantis? Andererseits käme ihm im Hinblick auf den Sommerball eine kleine Ausrede gerade recht.

Leise etwas über idiotische Bälle und gewisse Missionsleiter fluchend, die ihm das Leben schwer machten, schlurfte er in Richtung Bad.

***


"Du bist nicht krank!" erklärte ihm eine halbe Stunde später Dr. Beckett, den er in seiner Sorge um seine Gesundheit aus dem Schlaf geklingelt hatte. "Deine Temperatur ist normal, dein Puls ist ein klein wenig erhöht und dein Blutdruck ist so, wie er immer ist."

"Aber ich fühle mich, als hätte ich einen Tausendmeterlauf hinter mir", nörgelte Rodney, während er mit der rechten Hand am Stethoskop des Arztes herumfummelte und dabei auf das Fieberthermometer in seiner linken starrte, als könnte er es mit Gedankenkraft dazu bewegen, um einige Grade anzusteigen. Inzwischen hatte er sich für die Variante entschieden, wo er durch einen kleinen Grippeanfall um den Sommerball herum kam.

Carson nahm ihm das Stethoskop aus der Hand und verstaute es wieder in seiner schwarzen Arzttasche, die er immer für Notfälle in seinem Quartier aufbewahrte. Er zog eine Packung Aspirin hervor und drückte zwei davon Rodney in die offene Handfläche.

"Hier, nimm die und gib Ruhe. Vielleicht solltest du abends nicht so lange Tanzstunden bei Sheppard nehmen, dann bist du am nächsten Morgen auch nicht so erschöpft."

Erschrocken blickte Rodney auf, aber bevor er etwas erwidern konnte, war Carson ins Badezimmer verschwunden und kam kurz darauf mit einem Glas Wasser wieder heraus. Schnell schnappte er sich das Fieberthermometer aus Rodneys Hand, bevor dieser es doch noch schaffte, es telepathisch zum Schmelzen zu bringen.

"Woher weißt du von den Tanzstunden?", fragte Rodney mit weit aufgerissenen Augen, nachdem er die Tabletten mühsam herunter geschluckt hatte. Sein Hals fühlte sich wie zugeschnürt an.

"Ich glaube, das weiß inzwischen die ganze Basis", erwiderte Carson ruhig. Er nahm Rodney das Glas wieder aus der Hand und stellte es auf sein Nachtschränkchen.

"Oh Mann, wie peinlich." Wo war das nächste Mäuseloch, in das er sich verkriechen konnte?

"Keine Sorge. Soweit ich es mitbekommen habe, fühlt sich Katie Brown sehr geschmeichelt und sieht es als besonderen Ehrerbietung an, dass du extra für sie tanzen lernst. Und glaub mir, es ist schon ganz gut, dass du dich von John unterrichten lässt. Denn ich möchte nicht wissen, wie eifersüchtig Katie werden kann, wenn du dir eine Tanzlehrerin gesucht hättest."

Ehrerbietung, grinste Rodney innerlich. Solche altmodischen Worte konnten auch nur Carson einfallen. Er mochte es, dass er mit Beckett über solche Dinge reden konnte, ohne dass dieser ihn schief ansah. Doch konnte er mit ihm auch seine Träume und Gefühle teilen? Vielleicht sollte er doch besser zu Dr. Heightmeyer gehen. Er war einen Moment am Schwanken, doch dann gab er sich einen Ruck.

"Kannst du etwas für dich behalten?" fragte er leise.

"Wir sind hier zwar nicht in meiner Praxis, aber ich bin Arzt und du bist mein Patient, also tritt das Arzt-Patienten-Verhältnis wohl in Kraft, sollte es sich um ein medizinisches Problem handeln. Darum handelt es sich doch, oder?"

"Hm ... mehr oder weniger", gab Rodney zögerlich zu. "Ich habe diese Träume ..."

"Das fällt in die Kategorie Psyche, und für die ist Dr. Heightmeyer zuständig.", verwies Beckett ihn gleich sachlich an seine Kollegin.

"Nein, nein ... es geht mehr um die Gefühle, die diese Träume in mir auslösen ... merkwürdige Gefühle ... sexuelle Gefühle", kam es fast geflüstert aus Rodneys Mund. "Ich brauche den Rat eines Freundes, nicht einer Psychologin", seufzte Rodney etwas dramatisch und fuhr sich nervös mit den Händen durch die Haare.

"Worum geht es denn in deinen Träumen?"

"Ich tanze und mache mich dann meistens zum Narren und die Träume enden immer ziemlich peinlich für mich. Aber wenn ich beim Tanzen in der Umarmung dieses ... dieser Person bin, dann fühle ich mich sicher und geborgen ... ich liebe diese Umarmungen."

"Rodney, das ist doch ganz natürlich. Und Katie ist ja auch eine ganz wundervolle Frau, bei der du solche Gefühle wie Geborgenheit und Sicherheit mit Recht haben darfst."

"Da liegt ja mein Problem. In meinen Träumen tanze ich nicht mit Katie, sondern mit ..." Rodney brach ab und suchte verzweifelt etwas, nach dem er mit seinen nervösen Händen greifen konnte. Schließlich krallten sich seine Finger in dem Laken von Carsons Bett fest.

"Okay, ich beiße an. Mit wem tanzt du?"

"Sheppard." Rodney Stimme quietschte, dass es schon fast wie 'Schippe' klang.

"Aye, da sieht die Sache doch schon ganz anders aus." Mit einem tiefen Seufzer ließ sich Carson neben Rodney auf die Bettkante sacken.

"Rodney, du kannst dir sicher sein, dass ich der letzte auf Atlantis sein werde, der dir im Wege stehen wird oder dich von etwas abbringen will. Nur kenne ich dich jetzt schon seit wer weiß wie lange und ich hatte bisher nicht die geringste Ahnung, dass du - wie man so schön sagt - in beide Richtungen schwingst."

"Ich kann dir versichern, ich wusste es bis jetzt auch nicht." Rodneys Stimme klang leicht verärgert. Carson sprach da ein Thema an, das er bisher noch gar nicht in Betracht gezogen hatte.

Sollte er tatsächlich bisexuell sein? Gut, ja, es war schon einige Jahre her, wo er intim mit einer Frau gewesen war, aber das lag mehr am Mangel an Gelegenheiten und zuviel Arbeit als am Mangel sexueller Begierde. Carter war sexy und wäre die Gelegenheit da gewesen, hätte er sie mit hundertprozentiger Sicherheit auch genutzt. Und Katie Brown? Sie war klug und irgendwie ganz niedlich. Doch eine sexuelle Anziehungskraft hatte er bei ihr ehrlich gesagt noch nie gespürt. Wenn sie ihn berührte, sprühten keine virtuellen Funken zwischen ihnen. Als er sie das erste Mal geküsst hatte, war es Cadman gewesen, die die Initiative übernommen hatte und nicht er.

Doch diese magische Energie, die ihn bei einer Berührung von John Sheppard durchfuhr war vollkommen anders. Anders als alles, was er bisher in dieser Hinsicht erfahren hatte. Wenn John beim Tanzen seinen Arm um seine Taille legte, war ihm, als hätte er einen glühenden Gürtel um. Wenn John ihn enger an seine Brust zog, blieb ihm sprichwörtlich die Luft weg. Und erst sein Glied. – Herrje, das konnte man quasi als *Wink mit dem Zaunpfahl* werten.

"Bist du dir bei dieser Sache auch ganz sicher? Ich meine, das ist eine schwerwiegende Entscheidung, die du da ..."

"Ich ... ich bin mir über rein gar nichts sicher", entgegnete Rodney kopfschüttelnd. Er sprang auf und rannte in Richtung Tür. "Ich ... ich muss weg ... Frische Luft schnappen ... irgendetwas tun."

"Rodney, versprich mir eins", rief Carson hinter ihm her.

"Hm. Ja?" Die Hand schon auf dem Türmechanismus blieb er stehen. Er drehte sich nicht um, um Carson nicht in die Augen blicken zu müssen.

"Überleg dir ganz genau, auf was du dich da einlässt. Tu nichts Unüberlegtes. Versprich es mir."

"Ja. Versprochen."

Die Tür öffnete sich mit einem Zischen und Rodney war verschwunden.

***


Rodney betrat auf leisen Sohlen das Zelt des Sultans von Bagdad. Sie befanden sich inmitten von Wüstensand in der Karawansei Alaharan, einer Raststation auf dem Weg von Bagdad nach Izmir.

Er war dem Sultan bisher noch nicht begegnet, aber er hatte aus verschiedenen Gesprächen heraushören können, dass es sich um einen gutaussehenden, charmanten Mann handeln sollte, dem die Frauen reihenweise zu Füßen lagen.

Sich vorsichtig umschauend näherte Rodney sich dem zweiten Vorhang, der die Bewohner des Zeltes vor dem Wüstensand schützen sollte. Er schob ihn beiseite und spähte ins Innere. An der rechten Seite waren Stapel von bunten, glänzenden Kissen aufgehäuft, auf denen die Ehefrau des Sultans thronte. Ihr hatte er es zu verdanken, dass er heute Abend hier in diesem Zelt sein musste. Denn freiwillig war er ganz gewiss nicht hier. Und dazu noch in diesem Aufzug.

Rodney starrte an sich herunter und fingerte nervös an der Pluderhose aus roter, fast durchsichtiger Gaze, die mehr zeigte als verbarg, denn eine zusätzliche Unterhose war ihm nicht vergönnt gewesen. Die Hose reichte auch nur knapp bis unterhalb seines Bauchnabels und ein Gürtel aus goldenen Kettengliedern war an ihr befestigt. Darüber kam eine ganze Strecke lang gar nichts bis zu der kurzen Weste aus rotem Samt mit dem gestickten Blumenmuster aus Goldfäden. Genauso gut hätte er auch nackt sein können. Wärmend strich er sich mit beiden Händen über die Oberarme. Selbst hier im Zelt konnte er noch die Kälte der Wüstennacht spüren.

Er holte tief Luft und zog den Bauch ein. Mit einem mutigen Schritt betrat er das Zeltinnere. Die Sultanin schaute von ihrem Gespräch mit einer ihrer Dienerinnen auf und winkte ihn zu sich heran.

"Ah, da ist ja unser Gast. Komm näher und lass dich anschauen."

Gast, dass ich nicht lache. Die Krieger des Sultans hatten ihm mit Nachdruck erklärt, was passieren würde, sollte er sich nicht bereit erklären, bei dem Spielchen der Sultanin mitzumachen. Aber er hatte keine Wahl, entweder tanzen oder in der Wüste verdursten.

"Du siehst einfach - wie sagt ihr Engländer noch? Ah ja, fantastisch. Du siehst fantastisch aus. Los, los dreh dich um. Ich will dich von allen Seiten begutachten." Sie winkte elegant mit ihrer rechten Hand.

"Kanadier", wisperte Rodney kaum hörbar, aber doch mit leichter Gereiztheit in der Stimme. Langsam drehte er ihr den Rücken zu und dann sah er ihn.

Er saß im hinteren Teil des Zeltes, nahm eigentlich kaum am Geschehen teil, aber seine Präsenz füllte mit einem Mal den ganzen Raum. Er war hoch gewachsen und hatte eine wilde, schwarze Mähne, die kaum zu bändigen war. Er war ganz in schwarz gekleidet, einfach und ohne Schnörkel und Glitzer, wie es die Perser ansonsten so liebten. An seiner linken Hüfte hing ein Sarazenen-Krummschwert, die traditionelle Waffe des Ostens.

Doch am meisten beeindruckte ihn der Gesichtsausdruck, mit dem ihn der scheinbar Wilde begutachtete. Konnte er da eine Spur von Mitgefühl in den sanften dunklen Augen erkennen?

Der Sultan neigte seinen Kopf zur Seite und betrachtete ihn eingehend vom Kopf bis zu den nackten Füßen.

Rodney riss sich von dem fast hypnotischen Blick des Sultans los und drehte sich weiter herum, bis er wieder den spöttischen Augen der Sultanin ausgesetzt war.

Die Frau nickte nur kurz und eine ihrer Dienerinnen gab ein Zeichen zu einem Musiker im hinteren Teil des Zeltes. Gleich darauf ertönte eine für Rodney fremde, aber doch angenehm klingende Melodie, gespielt auf einer Flöte.

"Los, tanz, tanz." Die Sultanin klang ungehalten.

Unbeholfen zog Rodney aus einer Seitentasche der Pluderhose ein Stück Schleier hervor und band es sich vor sein Gesicht, wie man es ihm zuvor gezeigt hatte. Er kam sich furchtbar lächerlich vor, als er sich vorstellte, wie er aussehen musste. Ein mittdreißiger Mann mit leichtem Bauch- und Glatzenansatz und hellweißer Haut, der in Pluderhosen und Kurzjäckchen für die Sultanin einen Bauchtanz vorführte. Ganz besonders, nachdem er nun wusste, dass auch der gutaussehende Sultan seine Demütigung mit ansah.

"Zwing mich nicht erst, die Krieger meines Ehemannes und Gebieters zu holen, um dich zum Tanzen zu bringen."

Erschrocken hob Rodney seine Arme über seinen Kopf und bewegte sie rhythmisch zu den Klängen der Musik. Die vielen goldenen Armbänder um seine Handgelenke klimperten leise. Langsam begann er seine Hüften zu den Takten der Melodie vor und zurück zu bewegen. Bauchtanz, oder wenn man das, was er hier ablieferte so nennen konnte, war leichter als er es sich vorgestellt hatte.

Bald hatte er den richtigen Rhythmus raus und traute sich auch nun, seine Füße vom Boden zu heben und sich langsam zu drehen. Ein gewaltiger Fehler.

Kaum begegnete er dem Blick des Sultans erstarrte er zur Salzsäure. Er war sich nicht sicher, was er in den Augen dieses Mannes sah. War es Wut oder gar Verachtung? Im Halbdunkel der Nacht konnte er die Emotionen dieses Mannes nicht genau deuten.

Er gab sich einen Ruck und wollte mit seinem Tanz fortfahren, doch er kam nicht weit.

So leise wie ein Panther hatte sich der Sultan von seinem Platz erhoben und stand nun hinter ihm. Rodney spürte wie ihm eine wärmende Decke um den Oberkörper gelegt wurde.

"Ich nehme an, meine geliebte Gattin ..." Rodney konnte deutlich den Abscheu in der Betonung des Wortes 'geliebte' heraushören "... hatte genug Spaß auf deine Kosten. Du brauchst keine Sorge zu haben. Du bist in meinem Lager herzlich willkommen, ohne dich weiter erniedrigen zu müssen."

Erleichtert ließ Rodney die Schultern hängen. Es war vorbei. Zitternd schlang er sich die Decke enger um seinen Oberkörper.

Der Sultan fasste ihn am Ellbogen und zog ihn aus dem Zelt der Sultanin. Rodney ließ es widerstandslos mit sich geschehen. Ab und zu warf er einen Blick hinauf in das Gesicht des Sultans. Es zeigte grimmige Entschlossenheit, Zorn und Wut. Hatte er dies in dem Sultan ausgelöst? Wie konnte das sein? Hatte er nicht eben erst die freundlichen Worte des Mannes gehört, die ihn in diesem Lager willkommen hießen? Was hatte er denn noch zu erdulden?

Ängstlich stockte Rodney in der Mitte des Lageplatzes und schaute sich um. Dort, hinter den Zelten standen die Pferde der Karawane. Wenn er es nur schaffen würde, bis dorthin zu entfliehen. Er war ein guter Reiter. Gewiss konnte er sich in der Karawansei lange genug verstecken, um den Kriegern zu entkommen.

Doch er kam nicht dazu, weitere Fluchtüberlegungen anzustellen, denn der Sultan hatte inzwischen einen Arm um seine Schultern gelegt und ihn enger an seinen Körper gezogen. Ganz egal was er eben noch in den Augen des Mannes gelesen haben mochte, es war mit einem Mal aus seinem Kopf verschwunden. Ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit machte sich breit. In den Armen dieses Mannes wollte er für immer bleiben. Zögernd schmiegte er sich an den kräftigen Körper und genoss die Wärme, die dieser ausstrahlte.

***


Rodney erwachte mit Schmerzen in den Oberarmen. Er schlug die Augen auf und stellte fest, dass er sein Kopfkissen so eng umschlungen hielt, dass er davon einen Krampf im rechten Arm bekommen hatte. Sein linker war nicht mehr weit davon entfernt. Er löste seinen Griff um das Kopfkissen und hob seine Arme über dem Kopf, um sie auszuschütteln.
Schon wieder hatte er von John geträumt. Nun ja, eigentlich hatte er von einem langhaarigen Sultan aus Persien geträumt, der aber eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Colonel hatte. Rodney brauchte kein Traumdeuter oder Psychoanalytiker zu sein, um zu erkennen, was dieser Traum bedeuten sollte oder warum er heute Morgen sein Kopfkissen umschlungen hatte, als würde er in es hineinkriechen wollen.
Am vorherigen Abend hatte er Sheppard abgesagt und die letzte Tanzstunde ausfallen lassen. Es konnte so nicht weitergehen, dass er jede Nacht nach einem Übungsabend mit dem Colonel solche Träume hatte. Doch scheinbar hatte ihn der Ausfall der Tanzstunde nicht vor solchen Träumen gerettet.

Immerhin fand am heutigen Abend der Ball statt. Er hegte die leise Hoffnung, dass ihm nach diesem von allen Bewohnern erwarteten Großereignis weitere (Alb-)Träume erspart blieben.

Seufzend schloss er seine Augen. Fehler. Gewaltiger Fehler. Prompt hatte er wieder John vor Augen. Den echten John, keinen exotischen Sultan.

Okay, jetzt war definitiv eine kalte Dusche angesagt.

***


Die Messe war quasi bis zum Bersten gefüllt, wenn man von dem frei geräumten Bereich absah, der als Tanzfläche bestimmt war. Drumherum standen die Expeditionsmitglieder, teilweise in Gespräche vertieft. Einige hatten bereits Cocktailgläser mit den verschiedensten Getränken in den Händen.

Rodney blieb einen Moment wie betäubt im Eingang stehen. Eines musste man den Frauen schon lassen. Wie sie es geschafft hatten, mit einfachsten Mitteln diesen ansonsten so nüchternen Raum in einen Ballsaal zu verwandeln, war schon beeindruckend. Die bereits vorhandenen Pflanzen waren mit Papierblüten in den leuchtenden Farben geschmückt. An der Decke hing eine Art selbst gebastelte Discokugel, die aus verschiedenen Kristallen zu bestehen schien. Ein perfekt ausgerichteter Strahler ließ die Decke wie einen Sternenhimmel erscheinen, ganz entsprechend dem Motto eines Sommernachtsballs.

Rodneys Blick glitt suchend über die Menge bis er Radek Zelenka und zwei weitere seiner Mitarbeiter entdeckte. Mussten die sich ausgerechnet in die hinterste Ecke des Raumes verkrümeln?

Er holte tief Luft und begann sich seinen Weg durch die Menge zu bahnen. Hier und da hörte er überraschte Ausrufe oder leises Getuschel über sein Erscheinen. Scheinbar war es nicht zu allen durchgedrungen, dass für das Seniorpersonal Anwesenheit Pflicht war.

Selbst Radek blickte ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Irritation an, als er sich ihnen näherte.

"Rodney, ich hätte nicht gedacht, Sie hier zu sehen."

"Anwesenheitspflicht," nuschelte Rodney.

"Angeordnet von Dr. Weir oder von Katie Brown?" neckte Radek.

"Ha, ha, wie lustig." Leicht verärgert stellte sich Rodney auf die Zehenspitzen und versuchte herauszufinden, woher er etwas zu Trinken bekommen konnte. Mist, genau am anderen Ende des Saales. Und ausgerechnet genau davor mussten Sheppard und Beckett stehen. Okay, den einen Pflichttanz konnte er auch mit trockener Kehle überstehen.
Als sich von hinten eine Hand auf seine Schulter legte drehte er sich erschrocken um.

"Katie! Schön, Sie zu sehen." Hey, das ging ja besser als erwartet. Bisher hatte er es noch nie geschafft, ein persönliches Gespräch mit Katie zu führen, ohne ins Stottern zu kommen.

"Rodney, schön auch Sie zu sehen", gab Katie lächelnd zurück. Unaufgefordert schob sie Rodney ihrem Arm unter und hakte sich bei ihm ein, als wollte sie ihn nie mehr loslassen.

"Haben Sie sich schon etwas zu Trinken geholt? Nein? Dort hinten ist die Bar", plapperte Katie munter drauf los. Mit einem energischen Ruck zog sie ihn quer über die Tanzfläche in Richtung Getränkeausgabe.
Carson, der sie kommen sah, nahm schon mal zwei Gläser vom Tablett und füllte sie mit einer gelben Flüssigkeit, in der einige Früchte herum schwammen.

"Keine Sorge, Rodney, da sind keine Zitrusfrüchte drin", beruhigte in Carson, der Rodneys skeptischen Blick auf die Bowleschüssel bemerkt hatte.

Bei der Erwähnung von McKays Namen drehte sich auch Sheppard herum um. Er bemerkte den festen Griff, mit dem Katie Rodneys Arm umklammert hatte, und schenkte Rodney ein mitfühlendes Grinsen.

"Katie, Rodney", begrüßte er sie knapp mit einem Nicken und führte sein Glas zum Mund, um einen großen Schluck zu nehmen.

Bevor Rodney etwas erwidern konnte, hörten sie, wie jemand auf ein Mikrofon klopfte. Gleich darauf ertönte Elizabeth Weirs Stimme durch den Saal. "Herzlich Willkommen zum ersten Sommernachtsball auf Atlantis. Es freut mich ungemein, dass so viele unserer Einladung gefolgt sind, ganz besonders da auch alle Mitarbeiter des Seniorpersonals anwesend sind." Man konnte ein kleines Kichern von Elizabeth hören.

"Ganz bestimmt nicht freiwillig", murmelte Rodney leise vor sich hin, was ihm einen Stoß mit dem Ellbogen von Sheppards Seite einbrachte. Ein Blick in Katies Richtung zeigte ihm, dass er mit seiner unbedachten Bemerkung wieder mal voll ins Fettnäpfchen getreten war.

Bevor er sich mit irgendeiner gestammelten Entschuldigung noch weiter reinreiten konnte, hob er sein Bowleglas an den Mund und leerte es mit einem Zug. Wortlos streckte er es Carson entgegen, der es mit einem Stirnrunzeln wieder füllte.

Eine Zeitlang lauschten sie den weiteren Worten von Elizabeth, die sich bei den eifrigen Expeditionsmitgliedern bedankte, die den Saal geschmückt und denn Tanzabend vorbereitet hatten. Als ihre Stimme verstummte und kurz darauf langsame Walzermusik aus den Lautsprechern erklang, stand das kleine Grüppchen schweigend vor der provisorischen Theke.

"Und, Rodney? Hat der Tanzunterricht etwas gebracht?" versuchte Carson das Schweigen zu brechen.

Als wenn du das nicht genau wüsstest. Schließlich habe ich dir ja meine intimsten Gefühle gebeichtet, dachte Rodney.

"Und ob", mischte sich John ein, bevor Rodney etwas erwidern konnte. "Er ist ein Naturtalent."

"Das werden wir gleich mal herausfinden", freute sich Katie Brown. "Rodney, wenn Sie mir die Ehre erweisen würden?"

"Was? Jetzt schon? Da ... da ist überhaupt niemand auf der Tanzfläche." Erschrocken deutete McKay mit seiner linken Hand auf die freie Mitte im Raum, wo allerdings doch schon drei Paare zum Walzertakt tanzten.

"Jetzt trau dich schon, Rodney", ermutigte ihn Carson. Dabei klopfte er Rodney aufmunternd auf die Schulter.

Entschlossen lehrte Rodney ein weiteres Glas Bowle in einem Zug und ließ sich von Katie leicht widerstrebend auf die Tanzfläche ziehen. Er legte Katie seinen Arm um die Taille und bemerkte sofort eines: Sein Körper zeigte absolut keine Reaktion. Kein Kribbeln in den Fingerspitzen wie bei der Berührung von Johns Körper, keine Regung unterhalb der Gürtellinie, wie es bis jetzt immer der Fall gewesen war, als sich Johns Körper an den seinen geschmiegt hatte. Rein gar nichts.

Bei einem Blick zurück auf seine Freunde überkam ihn wieder die Erinnerung an den Traum von letzte Nacht. Wie sich die Bilder glichen. Er selbst in der Mitte des Raumes, im Begriff sich vor versammelter Mannschaft zum Narren zu machen und ein düster blickender Sheppard, der mit Adleraugen jede ihrer Bewegungen genauestens verfolgte.

Konnte es sein, dass Sheppard etwa eifersüchtig war? Und wenn ja, auf wen denn: Auf Rodney oder auf Katie?

***


"Colonel", nuschelte Rodney. "Ich fühl mich nicht ... so gut."

John musterte ihn. McKays Wangen waren unnatürlich gerötet, aber gleichzeitig schien er etwas blaß um die Nase. "Was hast du erwartet, Rodney?", fragte er sarkastisch. "Du hast ein halbes Dutzend Gläser Bowle auf nüchternen Magen intus. Kein Wunder, dass es dir nicht gut geht."

"Vier", versuchte Rodney zu widersprechen. " 'S waren nur ... vier."

"Vier, fünf, sechs, was macht das schon? Wo wir doch genau wissen, dass schon eines ausreicht, um dich betrunken zu machen."

John schnappte sich Rodneys Ellbogen und zog ihn in Richtung Ausgang.

"Vier, es waren vier. Oder waren es fünf?" Rodney blieb stehen und konzentrierte sich auf seine Hand, wo er anhand seiner Finger versuchte abzuzählen, wie viel er wirklich getrunken hatte. Nach einer Ewigkeit schien er endlich zu dem Schluss zu gelangen, dass er Recht hatte.

"Vier, ich hatte nur vier", stellte Rodney im Brustton der Überzeugung fest.

"Okay, fein, es waren vier", erwiderte John, "Das macht den Kohl auch nicht mehr fett", fügte er leise hinzu.

"Hey, wer is' hier fett?" verlangte Rodney zu wissen.

"Keiner, Rodney, wirklich niemand." John ließ seinen Blick anerkennend über McKays Körper gleiten. Oh, Rodney, wenn du wüsstest…, dachte John für sich und seufzte leise.

Rodney stoppte erneut und schaute Sheppard in die Augen. Eine zeitlang schien er zu überlegen, ob er etwas sagen sollte, dann sprudelte es unvermittelt aus ihm heraus "Tanzt du mit mir?"

Geschockt machte Sheppard einen Schritt zurück, als wollte er es vermeiden, Rodney zu berühren. Sie hatten inzwischen den Messebereich verlassen, doch von Ferne konnte man noch leise Musik hören.

"Tanz du mit mir?" drängelte Rodney erneut. Er machte einen Schritt auf Sheppard zu, so dass sie fast Brust an Brust im - dem Himmel sei Dank, menschenleeren - Gang standen.

"Rodney, du bist betrunken. Ich bringe dich in dein Quartier." John versuchte, den betrunkenen Wissenschaftler mit sich zu ziehen, aber das war gar nicht so einfach, denn Rodney sträubte sich wie ein sturer Bock.

"Ich möchte mit dir tanzen, jetzt auf der Stelle." Rodneys Stimme wurde nörgelig wie die eines kleinen Kindes.

"Nicht hier und nicht jetzt." John sah sich erschrocken um, ob auch niemand ihre merkwürdige Unterhaltung belauschte.

"Aber dann gleich in meinem Raum. Versprich es mir."

"Ja klar, gleich tanzen wir."

"Versprochen?"

"Versprochen." Damit zog Sheppard wieder an Rodneys Arm, der sich jetzt mit einem seligen Grinsen auf dem Gesicht widerstandslos zu seinem Quartier bringen ließ. Dabei summte er leise eine Melodie vor sich hin.

Als sie kurz darauf McKays Privatbereich erreicht hatten, versuchte Sheppard seinen betrunkenen Freund in Richtung Bett zu steuern. Doch kaum hatten sie den Raum betreten, drehte sich Rodney herum und legte John die Arme um den Hals.

"Aber jetsch tanschen wir", nuschelte er in Johns Halsbeuge. Mit leichten Unterbrechungen durch kleine Hickser summte er die Melodie, die sie zuletzt aus der Messe gehört hatten. Dabei begann er langsam seine Füße im Takt zu bewegen.

Ergeben fügte sich John seinem Schicksal und legte Rodney einem Arm um die Taille. Gleichzeitig schaffte er es, den betrunkenen Wissenschaftler Schritt für Schritt in Richtung Bett zu bugsieren. Als Rodney mit seinen Waden an sein Bett stieß, schaute er erschrocken hoch in Johns Gesicht. Seine Augen waren weit und glasig, als erwachte er gerade aus einem Traum.

"John?" Seine Stimme klang verunsichert.

"Schh.. Schon in Ordnung, Rodney." John legte ihm seine Hände auf die Schultern und drückte ihn langsam aber bestimmt auf die Bettkante.

"John? Bleibst du bei mir?" Rodney beugte sich vor und schlang ihm seine Arme um den Körper. Dabei legte er seinen Kopf seitlich an Johns Bauch. "Ganz anders mit dir ... bei Katie war nix, gar nix", babbelte er vor sich hin. "Aber bei dir isses anders." Verlegen schaute er hinunter in seinen Schoß.

Plötzlich zog er eine Hand an seinen Mund und gab merkwürdige Geräusche von sich. Schnell zog ihn Sheppard auf die Füße und schleppte ihn zum Badezimmer. Mit einem lauten Stöhnen ließ sich Rodney vor der Toilettenschüssel auf die Knie fallen und würgte die sich noch in seinem Magen befindlichen Bowlereste heraus. Als John merkte, dass nichts mehr kam, befeuchtete er einen Waschlappen im Waschbecken und wischte damit Rodney über das Gesicht. Die Gelegenheit nutzend setzte sich Rodney gleich noch auf die Toilette und verrichtete sein Geschäft. Anstandshalber verließ John den kleinen Raum und wartete draußen auf seinen Freund.

Als McKay aus dem Badezimmer kam, stellte John fest, dass dieser es nicht mehr geschafft hatte, seine Hose zu schließen. Genauer gesagt hing sie auf Halbacht locker um seine Hüfte, bereit, bei einer verkehrten Bewegung weiter hinunter zu den Knien zu rutschen. Auf unsicheren Füßen taumelte Rodney zurück zum Bett und ließ sich vorne über auf die Matratze fallen. Mit fahrigen Fingern suchte er nach seinem Kopfkissen, das er, nachdem er es endlich gefunden hatte, fest mit seinem Armen umschlang. "Tanzen ... ich könnte immer weiter mit dir tanzen ... hicks ... wenn mir nur nicht so schlecht wäre."

Grinsend stand Sheppard neben dem Bett und schaute mitfühlend auf seinen schlaf- und bowletrunkenen Freund herunter. Sanft fuhr er ihm mit dem Handrücken über die Wange.

"Schlaf gut, Rodney. Morgen früh ist das alles nur ein schöner Traum", sagte er leise. "Ein Traum, für den ich alles geben würde, wenn er wahr sein könnte", fügte er noch viel leiser hinzu.

Zur Antwort kuschelte Rodney sein Gesicht tiefer in das Kissen und murmelte noch etwas, das John nicht verstehen konnte.

Sheppard holte vorsichtshalber den Mülleimer unter Rodneys Schreibtisch hervor und stellte ihn vor das Bett. Dann, als er bemerkte, dass Rodneys Hose ziemlich unbequem und verdreht an seinen Hüften saß, machte er sich noch daran sie ihm auszuziehen. Überrascht stellte er fest, dass Rodneys Glied im Schlaf erregt war. Schnell zog er die Bettdecke über den Körper seines Freundes.

Einen Moment lang wog er ab, ob er Rodney allein lassen konnte, doch dann besann er sich anders und machte es sich in einem Sessel bequem. Es war besser, wenn er noch einige Zeit bliebe, falls Rodney erneut eine helfende Hand brauchte.

Ein gurgelndes Geräusch aus Rodneys Kehle ließ ihn aufschrecken. Schnell war Sheppard mit dem Eimer zur Hand, aber Rodney wälzte sich nur im Bett hin und her und schien zu träumen.

***


Er lief einen langen Gang entlang, immer wieder über seine Schulter zurückblickend. Dort hinten ganz am Ende des Flures kam Katie Brown mit etwas riesigem in den Händen hinter ihm her gelaufen und rief ihm zu, er solle doch stehen bleiben. Aber er lief weiter, immer weiter, bis er sich plötzlich auf dem Gang vor Sheppards Quartier wieder fand. Hier würde er in Sicherheit sein.

Er benutzte seinen Laptop, den er merkwürdigerweise plötzlich in seinen Händen wieder fand, um die Tür zu öffnen. Er schaffte es gerade noch rechtzeitig, bevor Katie um die Ecke kam und ihn mit ihrem ... Farn? ... daran hindern konnte, weiter vor ihr wegzulaufen.

Erleichtert hastete Rodney in den Raum und schloss mit einem Tritt die Tür hinter sich. Komisch, auf Atlantis hatten sie doch Schiebetüren? Es war stockdunkel und doch fühlte er sich sofort geborgen und sicher. Er tastete mit der Hand an der Wand entlang, um einen Lichtschalter zu finden. Doch er fühlte nur Stoff und überlegte einen Moment, ob Sheppard einen Wandteppich in seinem Quartier hatte. Plötzlich hörte er Flötenmusik und er fühlte wie er an beiden Armen gegriffen wurde und weiter in den Raum ... ins Zelt gezerrt wurde. Auf dem ihm schon bekannten Kissenstapel thronte die Sultanin, die dieses Mal eine verblüffende Ähnlichkeit mit Katie Brown besaß.

"Du hast deinen Tanz nicht vollendet. Dafür wirst du büßen", drohte sie mit Spott und Verachtung in der Stimme.

"Ich ... ich ...", stotterte er, doch er wusste nichts weiter darauf zu sagen.

"Tanz, du Hurensohn. Tanz deinen letzten Tanz für mich oder du wirst einen qualvollen Tod erleiden." Die Stimme der Sultanin ... Katies Stimme ... schien mit jedem Wort einen Ton anzusteigen.

Die Flötenmusik wurde lauter und lauter und Rodney begann sich im Kreis zu drehen. An seinen Handgelenken klimperten wieder die goldenen Armreifen und er begann um sein Leben zu tanzen. Wo war nur der Sultan? Er allein konnte ihm in dieser Situation noch helfen. Er wedelte mit den Pompons durch die Luft. Halt, Moment mal, Pompons?

Die Flötenmusik war inzwischen zu einem Chor kreischender Mädchenstimmen angewachsen und voller Schrecken fand er sich inmitten einer Cheerleadergruppe wieder, das mit viel Enthusiasmus ihr Footballteam anfeuerte, das scheinbar soeben einen Sieg errungen hatte. Die Spieler trugen ihren Teamcaptain auf den Schultern vom Feld und jubelten sich gegenseitig zu. Der Teamcaptain ... John ... sprang herunter und kam auf ihn zu. Rodney löste sich aus der Reihe kreischender Teenies und warf sich ihm in die Arme, glücklich endlich die ersehnte Geborgenheit und Liebe in seinen Armen zu finden.

***


Wieder einmal schweißgebadet fuhr Rodney aus seinem Traum hoch und ein gekeuchtes "John!" entfuhr ihm.

"Schh... du hattest einen Albtraum", sagte eine leise Stimme. "Schlaf weiter, Rodney."

"John? Geh nicht weg", murmelte Rodney schlaftrunken. "Die Sultanin will mich umbringen, wenn ich nicht tanze."

Er hörte noch als Antwort ein amüsiertes Kichern, dann war er auch schon wieder eingeschlafen.

***


Rodney erwachte mit einem Brummschädel so riesig wie die Daedalus. Er versuchte sich zu erinnern, was er am gestrigen Abend alles getrunken hatte und kam zu dem Ergebnis, wie viel es auch gewesen sein mochte, es war eindeutig zu viel gewesen. Und das, wo er doch genau wusste, dass er nur wenig bis gar keinen Alkohol vertrug.

Als er bemerkte, dass er wieder einmal sein Kopfkissen fest umschlungen hielt, schlug er erschrocken die Augen auf, nur um sie sofort wieder zu schließen. Blöde Sonne, musste die so hell am Morgen scheinen? Und warum hatte er schon wieder dieses dämliche Kopfkissen im Arm? Er hätte gedacht, dass nach dem Ball diese albernen Albträume aufhören würden. Aber er konnte sich unklar daran erinnern getanzt zu haben und von einem vor Eifersucht blitzenden Colonel Sheppard dabei beobachtet worden zu sein. Himmel, hörte das denn nie auf?

Wütend warf er sein Kopfkissen aus dem Bett, das mit einem kaum hörbaren Plumps auf dem Boden landete. Kaum hörbar für normale Ohren, nicht jedoch für einen Rodney McKay mit einem Kater.

Stöhnend öffnete er probehalber nochmals die Augen. Diesmal ging es schon besser. Er wälzte sich auf Seite und schob seine Beine aus dem Bett. Aha, Ausziehen hatte er gestern abend also noch geschafft. Nur leider wusste er nicht mehr das geringste davon, wann und wie er ins Bett gekommen war. Na prima, dann war jetzt wohl erstmal eine kalte Dusche angesagt. Leicht schwankend kam er auf die Füße und tapste in Richtung Badezimmer.

Eine Viertelstunde später kam er frisch geduscht, mit frischer Unterwäsche bekleidet und mit erheblich leichterem Kopf wieder heraus ... und stoppte mitten im Schritt. Sheppard? Was machte der denn hier?

Der Colonel lag in seinem Sessel auf der anderen Seite des Bettes, mit den Beinen angezogen über der Sessellehne und schien noch tief und fest zu schlafen. Damit erübrigte sich wohl eine Antwort auf die Frage, wie er ins Bett gekommen war. Mit einem Mal lichtete sich auch der Nebel und ihm kam wieder in den Sinn was am gestrigen Abend noch so alles geschehen war. Szenen, wie sie nicht schlimmer in seinen Albträumen hätten vorkommen können, stahlen sich wieder in sein Gedächtnis. Wie er in Sheppards Armen gelegen und ihn angebettelt hatte, mit ihm zu tanzen, kaum dass sie den Saal verlassen hatten. Zu ihrer beider Glück war der Colonel nicht darauf eingegangen und hatte ihn erst in sein Quartier befördert, bevor er sich vollkommen zum Narren gemacht hatte.

Herrje, was mochte Sheppard nur von ihm denken? Nein, besser nicht. Das wollte er zum gegenwärtigen Zeitpunkt lieber gar nicht wissen.

Er versuchte sich so leise wie möglich anzuziehen, um Sheppard nicht zu wecken, aber es war zu spät. Der Colonel begann sich in seinem Sessel zu regen. Zwei lange Arme streckten sich zur Seite und Sheppard gab ein geqältes Stöhnen von sich, als er seinen Kopf anhob und versuchte sein Genick wieder in eine gerade Stellung zu biegen.

Rodney, der mit Schrecken feststellte, dass er mit nichts weiter als einem Slip bekleidet war, drehte sich auf der Stelle herum und hastete wieder zurück ins Badezimmer, um sich wenigstens einen Bademantel überzuwerfen.

"Rodney?" Sheppards Stimme klang besorgt. "Geht es dir gut? Musst du dich wieder übergeben?"

"Ähm ... nein ... es geht wieder", rief er ins Zimmer hinaus. Gleich darauf kam er mit dem Bademantel bekleidet wieder heraus.

"Gut." John quälte sich aus dem Sessel hoch und begann seine Gliedmaßen zu strecken. "Himmel Hergott nochmal, nie wieder verbringe ich eine Nacht in diesem Sessel", schwor er fluchend.

"Du hättest nicht bleiben müssen", versuchte Rodney sich zu verteidigen.

"Wenn du mich so lieb bittest", entgegnete John mit einem Schmunzeln.

"Ach. Hab ich?" Rodney versuchte einen Moment, sich daran zu erinnern. "Tja, wenn du es sagst, muss es wohl stimmen." Er ließ einen Hauch Sarkasmus in der Stimme mitschwingen, wie er es oft tat, wenn er nicht mehr weiter wusste.

"Wenn ich mich recht erinnere, sagtest du, dass die Sultanin dich umbringen wird, wenn du nicht tanzt." Das Schmunzeln auf Sheppards Gesicht war inzwischen zu einem ausgewachsenen Grinsen gereift.

"Oh Gott, ich habe wieder geträumt." Rodney wurde kreidebleich und musste sich auf die Bettkante setzen. "Habe ich ... ähm du weißt schon ... habe ich noch was gesagt ... oder getan, was später peinlich für mich werden könnte?"

"Hm, lass mich überlegen, ... ja da war noch so einiges."

"Noch mehr?", quietschte Rodney. Aufstöhnend ließ er seinen Kopf in seine Hände sinken. Nach einer Weile schaute er wieder auf. "Hör mal, John. Wenn gestern Nacht etwas passiert ist, das dich in eine schwierige Situation bringen könnte ... " Er brach ab, weil er nicht genau wusste, was er sagen sollte.

"Mehr getan als gesagt", erwiderte John, der sich zu ihm auf die Bettkante setzte. Dabei berührten sie sich nur an der Schulter.
Sofort bemerkte Rodney, dass sich bei ihm wieder etwas regte. Peinlich berührt legte er seine Hände in den Schoss, um seine Erregung zu verbergen. Wenn er jetzt schon bei einer leichten Schulterberührung so reagierte, wie schnell konnte das dann in Besprechungen und auf Außenmissionen passieren. Er senkte seinen Kopf und konzentrierte sich mit aller Macht darauf, seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen.

"Rodney?"

"Hm?" Noch intensiv in seiner selbst auferlegten Aufgabe vertieft, reagierte er wie üblich nur verbal, als er seinen Namen hörte, ohne jedoch aufzusehen.

"Rodney!"

"Ja, was?" Irritiert sah Rodney hoch und blickte in das grinsende Gesicht des Colonels.

"Tanzt du mit mir?"

"Wie bitte?"

"Tanzt du mit mir?", wiederholte Sheppard. Er rückte noch ein Stückchen näher an Rodney heran, so dass sich nicht nur ihre Schultern, sondern auch alle restlichen Körperteile berührten.

Nach Rodneys Empfinden eine Spur zu nah, denn jetzt half auch die intensivste Konzentration nichts mehr und er gab den Kampf gegen die sexuelle Erregung, die seinen Körper erfasst hatte, auf. Ein leichtes Kribbeln lief sein Rückgrat hinunter, das sich, als Sheppard sanft einen Arm um seine Schultern legte, in einem Stromstoß zu verwandeln schien. Sein Körper versteifte sich augenblicklich.

"Rodney, du hast doch auch gespürt, dass ich die Tanzstunden mit dir genossen habe." Johns andere Hand wanderte langsam Rodneys Oberschenkel hinauf und verschwand in einem Spalt in seinem Bademantel. Rodneys Augen weiteten sich und er hielt automatisch die Luft an, als Johns Fingerspitzen seinen Bauch berührten.

"Ich wäre am liebsten gestern Abend auf die Tanzfläche gelaufen und hätte dich aus ihren Armen gerissen." Johns Stimme klang nah an Rodneys Ohr. Er spürte den leichten Luftzug, als John ihm verführerisch in die Ohrmuschel hauchte. Jetzt vollkommen erregt stieß er den angehaltenen Atem aus.

"Also was ist, tanzt du jetzt mit mir?" drängte John erneut. Dabei summte er leise die Melodie von 'Ich hätt getanz heut Nacht' in Rodneys Ohr. Er stand langsam auf und zog damit unweigerlich Rodney mit nach oben, der wie Wachs in seinen Händen geworden war. Widerstandslos ließ er es geschehen, dass John seine Arme nahm und sie sich um den Hals legte. Automatisch nahmen seine Füße den Rhythmus der Melodie auf, die er nicht nur von John hörte, sondern die inzwischen auch in seinem Kopf erklang.

"Ein schöner Traum", seufzte Rodney leise und ließ sich von John durch den Raum führen, als sie beide zum 3/4 Takt ihrer imaginären Melodie tanzten.

"Das ist kein Traum", versicherte ihm John schmunzelnd und legte seinen Arm noch fester um Rodneys Taille. "Ganz bestimmt nicht."

Epilog


John saß beim Mittagessen in der Messe, die inzwischen wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt war. In einem klärenden Gespräch, unterbrochen von vielen Küssen und Liebkosungen, hatte John Rodney davon überzeugen können, dass sein Traum wahr geworden war, wenn auch nicht - wie ihm Rodney versichert hatte - alle Träume. Er würde später ganz bestimmt noch einmal darauf zurückkommen und Rodney über seine Träume ausfragen.

Ganz besonders, nachdem er miterlebt hatte, wie Rodney beim Anblick von Katie Brown und eines Riesenfarns, den sie mit ihren Kolleginnen von der Botanikabteilung wieder in der Messehalle auf seinen angestammten Platz stellen wollte, panisch aufgesprungen war und fluchtartig den Raum verlassen hatte.

Ja, er würde wohl noch über so einiges mit Rodney sprechen müssen. Insbesondere über Farne.

Ende









mella68: (McShep)
2007-04-15 01:44 pm
Entry tags:

Fic: Dawn

Short-Cut: In der Dämmerung des neuen Tages...
Spoiler: 2. Staffel
Fortsetzung zu: Morning & Night
Charakter: McKay, Sheppard
Kategorie: Slash
Rating: NC-17
Länge: 1.325 Wörter
Authors Note: Ganz lieben Dank an [livejournal.com profile] nv1978 für das Beta
Disclaimer: MGM Television Entertainment

Zur Story und zum Coverbild )
mella68: (Default)
2007-04-15 01:44 pm
Entry tags:

Dawn



Dawn
von Mella


Wie hatte es mir das letzte Mal nur passieren können, dass ich den Programmkristall im Stuhl vergaß? Erst am übernächsten Morgen war mir aufgefallen, dass ich ihn nicht aus der Konsole entfernt hatte. Und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt musste es einen Angriff geben und John hatte den Antikerstuhl zu Verteidigungszwecken benutzen müssen.

Aber zum Glück war mein kleines Geheimnis von niemandem entdeckt worden. Ich entfernte den Kristall und nichts deutete mehr auf meine Manipulation des Stuhls hin.

Es ist gerade mal ein paar Tage her, dass ich ihn zuletzt benutzt habe. Er scheint eine süchtig machende Wirkung auf mich zu haben. Denn schon wieder stehe ich hier, mitten in der Nacht und erliege der Versuchung.

Ich stelle den Wecker meiner Armbanduhr auf 4 Stunden und stecke den Kristall in die Konsole. Dann setze ich mich auf den Stuhl und gebe mich meinen Träumen, meinen Sehnsüchten hin. Ich gebe es zu, ich bin süchtig.

Fast augenblicklich finde ich mich in Johns Quartier wieder. Ein trauriges Lächeln gleitet über mein Gesicht. Es ist zwar immer wieder schön, ihn so daliegen zu sehen, aber mit der Zeit wirkt das ewig gleiche Hologramm irgendwie abgenutzt. Er steht auf, kommt auf mich zu und begrüßt mich wie immer mit einem Kuss. Ein wohliger Schauer läuft mir über den Rücken.

"Schön, dass du doch wiedergekommen bist, Liebster."

"Wieso sollte ich nicht wiederkommen?", frage ich erstaunt.

"Na ja, nach dem letzten Mal war ich mir nicht so sicher, ob du mich noch mal wieder sehen willst", bekomme ich als Antwort zu hören. "Aber jetzt bist du ja da und das ist alles was zählt."

Etwas irritiert versuche ich über diese Antwort nachzudenken, aber Johns Küsse lenken mich schnell davon ab. Seine Hände scheinen überall gleichzeitig auf meinem Körper zu sein und ich lasse mich willenlos zum Bett führen.

Der Gedanke, dass es sich nur um ein Hologramm und nicht um den echten John handelt, ist schnell wie weggeblasen und ich überlasse mich ganz dem wunderbaren Gefühl von Johns Körper an meinem.


***



Leise schleiche ich mich in den Stuhlraum hoch oben in Atlantis.

Vier Nächte hatte ich warten müssen, bis Rodney sich endlich wieder nachts aus seinem Quartier getraut und sich seinen geheimen Gelüsten auf dem Antikerstuhl hingegeben hatte. Vier Nächte, in denen auch ich wach gelegen und überlegt hatte, was ich mit dem Wissen über Rodney anfangen sollte. Vier Nächte, wo ich mich nach liebkosenden Berührungen eines Menschen gesehnt hatte. Vier Nächte, in denen ich mir langsam eingestand, dass ich mich nach Rodney sehnte.

Auf dem Stuhl liegt Rodney. Ich kann erkennen, dass er sich mitten in einem Orgasmus befindet. Zwar ist er angezogen, aber die zuckenden Bewegungen seines Körpers verraten vieles, wenn auch nicht alles. Danach beruhigt er sich. Er scheint eingeschlafen zu sein. Gut, das passt wunderbar in meinen Plan.

Ich drücke kurz auf die richtige Frequenz an meinem Headset und sage nur ein Wort: "Jetzt!"

Ein Beamstrahl erfasst uns beide und transportiert uns in mein wirkliches Quartier. Als wir uns wieder rematerialisieren stelle ich fest, dass Rodney von der ganzen Aktion nichts mitbekommen hat. Er schläft noch immer selig wie ein Baby. Glücklicherweise hat es Hermiod zentimetergenau geschafft, ihn in meinem Bett landen zu lassen.

Es hat mich meine ganze Überzeugungskraft gekostet, den Asgard zu der Ausführung dieses verrückten Planes zu überreden. Erst hatte er sich gesträubt, bei dieser Täuschung mitzuwirken. Aber ein dezenter Hinweis darauf, dass, auch wenn die Asgard nicht wüssten, was Sex ist, wir Menschen immer noch auf die Liebe angewiesen seien, hatte sein Herz erweichen lassen. Wo auch immer es in seinem spindeldürren Körper schlagen mag.

Schnell ziehe ich mich aus und lege mich zu Rodney ins Bett. Mit raschen Bewegungen öffne ich seine Hose und ziehe sie über seine Hüften nach unten. Ich brauche nicht ganz so vorsichtig sein, denn wenn Rodney erstmal schläft, dann ist er nicht so schnell wieder wach zu bekommen. Das habe ich schon bei vielen gemeinsamen Übernachtungen auf anderen Welten festgestellt. Rodney ist ein Mensch, der mit 4 Stunden Schlaf auskommt, aber dieser Schlaf ist dann tief und fest und nur der Untergang von Atlantis kann ihn daraus wieder erwecken.

Als ich ihn nackt habe lasse ich mir Zeit, seinen Körper von oben nach unten zu betrachten. Er hat keinen schlanken, drahtigen Körper wie ich, aber ich kann auch nicht mehr die kleinen Fettpölsterchen sehen, die sich noch zu Beginn der Atlantismission auf seinen Hüften befunden hatten.

Zufrieden drücke ich eine Reihe kleiner Küsse um seinen Nabel herum. Ich spüre, wie sich die Bauchdecke unter meinem Mund anspannt. Aha, Dornröschen wird wach.


***



Ich erwache mit einem wohligen Kribbeln in meinem Bauch. Als ich die Augen öffne, sehe ich im Dunkel des Zimmers, wie John neben mir kniet und meinen Körper mit Küssen übersät. Mein Gott, auch wenn ich einiges an der Programmierung ändern muss, aber das bleibt. Ich liebe es, dem feuchten Mund meines Geliebten ausgeliefert zu sein.

Ein Blick auf meine Armbanduhr zeigt mir, dass fast vier Stunden vergangen sind. Etwas irritiert schaue ich zum Fenster hinaus. Eigentlich müsste dort schon längst helllichter Tag sein. Ein sicheres Zeichen für mich, dass ich mein kleines Abenteuer beenden muss. Aber draußen beginnt soeben erst die Dämmerung des frühen Morgens. Geht meine Uhr falsch? Ein Blick auf die Wanduhr von Johns Zimmer zeigt mir, dass es tatsächlich vier Uhr morgens ist. Aber ich sollte mich lieber nicht auf ein Hologramm verlassen.

Als der Vibrationsalarm meiner Armbanduhr losgeht, schwinge ich die Beine herum und setze mich auf die Bettkante. Fast augenblicklich spüre ich Johns Arme um meinen Oberkörper, der mich wieder zurück ins Bett zieht.

"Lass mich, John. Ich muss weg, sonst erwischt man ....", setze ich zu meiner gewohnten Ausrede an, doch John verschließt meinen Mund mit einem weiteren Kuss.

"Niemand wird uns erwischen. Wir haben noch massig Zeit", versucht John mich zu beruhigen.

Doch das Gefühl, dass hier irgendetwas ganz gewaltig schief läuft, verlässt mich nicht. Ich sehe mich im Zimmer um und entdecke meine Kleidung in einem zerwühlten Haufen am Fuße des Bettes. An und für sich nichts Ungewöhnliches, aber in meinem Programm hatte meine Kleidung bisher immer ordentlich zusammengelegt auf einem Stuhl gelegen. Wenn ich schon nicht im wirklichen Leben ordentlich sein konnte, dann doch wenigstens in der Simulation.

"Irgendetwas stimmt hier nicht." Ich drehe mich zu John, der sich mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht in die Kissen zurückfallen lässt. Was frage ich ihn? Er ist nur ein Hologramm. Für ihn ist die Welt in Ordnung.

Entschlossen drücke ich den Knopf der Nachtschränkchenlampe und ...

... nichts passiert. Ich drücke wieder und wieder und alles bleibt beim Alten. Ich finde mich nicht auf dem Antikerstuhl hoch oben im kalten Turm wieder, sondern sitze nach wie vor auf der Bettkante des Bettes, Johns Bett wohlgemerkt.

"Rodney, komm wieder ins Bett. Es ist alles in Ordnung", höre ich Johns Stimme wie aus einem Nebel, doch ich registriere kaum den Sinn der Worte. Alles in mir schreit Panik. Panik, dass mich jemand auf dem Antikerstuhl findet. Panik, dass ich dieses Hologramm nie wieder verlassen kann.

"Oh Gott, es klappt nicht", murmele ich leise vor mich hin. Die Panikattacke hat mich inzwischen völlig in ihren Klauen. Immer und immer wieder drücke ich auf den Knopf der Lampe, bis ich Johns Hand auf meiner spüre und sie mit festem Griff von der Lampe weg zieht.

"Rodney, oh Gott, es tut mir leid", höre ich John rufen. Die Angst in seiner Stimme lässt mich aus meinem Alptraum aufwachen. Ich spüre, wie seine Hände über mein Gesicht streicheln und ich langsam zur Ruhe komme.

"Es tut mir leid. Ich hätte das nicht tun dürfen."

"Was hättest du nicht tun dürfen? Du bist nur ein Hologramm, nichts weiter. Du tust nur das, was ich dir einprogrammiere."

"Ich bin kein Hologramm, Rodney. Das hier ist echt. Alles, das Quartier, das Bett, alles hier."

Dieser Satz bringt mich in das Hier und Jetzt zurück. Erstaunt sehe ich mich um. Sehe, wie draußen langsam die Dämmerung anbricht und es von Sekunde zu Sekunde Stückchen für Stückchen heller wird.

"Aber was ... wie ..." Mehr bringe ich nicht hervor, denn als die Erkenntnis einsetzt, bleibt mir die Sprache weg.

"Beamstrahl der Daedalus", gibt John mit einem leichten Grinsen zur Antwort.

"Aber wieso ..."

"Der Kristall. Du hattest ihn beim letzten Mal vergessen. Und ich machte Bekanntschaft mit meinem anderen Ich. Du kannst dir vorstellen, wie erstaunt ich war, als ich mir plötzlich selbst gegenüber stand. Es hat schon einige Zeit gedauert, bis bei mir der Groschen gefallen ist."

"Aber ..."

"Ich habe einige Zeit gebraucht, um mir einzugestehen, dass ich das gleiche wie du empfinde. Zum Glück hast du dir einige Tage Zeit gelassen, bis du den Stuhl wieder benutzt hast. Denn noch vor zwei Tagen wäre ich nicht soweit gewesen, bei deinem kleinen Geheimnis mitzuspielen."

"Aber ..." Das wird jetzt langsam lästig. Bekomme ich denn keinen vollständigen Satz mehr heraus?

"Kein Aber mehr, Rodney. Das Geheimnis ist raus und du musst mit den Konsequenzen leben." Damit zieht er mich zu ihm zurück ins Bett und beginnt eine Spur von meinem Hals zu meinem Bauchnabel zu küssen.

Genussvoll schließe ich die Augen. Oh Gott, genauso wie ich es mir vorgestellt und programmiert hatte. Mit diesen Konsequenzen kann ich ganz bestimmt leben.

Ende


mella68: (McShep)
2007-04-05 10:26 pm
Entry tags:

Fic: Night

Short-Cut: Die Nacht der Erkenntnis.
Spoiler: 2. Staffel
Fortsetzung zu: Morning
Charakter: McKay, Sheppard
Kategorie: Vignette, Slash
Rating: NC-17
Länge: 900 Wörter
Authors Note: Ganz lieben Dank an [livejournal.com profile] nv1978 für das Beta
Disclaimer: MGM Television Entertainment

Zur Story und zum Coverbild )
mella68: (Default)
2007-04-05 10:26 pm
Entry tags:

Night



Night
von Mella


Noch ein paar letzte Überprüfungen am Stuhl und ich kann auch endlich zu Bett gehen. Die Augen fallen mir beinahe von alleine zu, so müde bin ich.

Nur durch Glück waren wir heute wieder einmal der Zerstörung durch einen feindlichen Angriff entgangen. Nein, nicht durch die Wraith, die glauben zum Glück immer noch daran, dass wir uns selbst zerstört haben. Dummerweise gibt es noch mehr Rassen als die Genii und die Wraith, die meinen, sie müssten uns angreifen.

Die Kuraner, die wir vor einem Jahr noch als friedliebende Rasse kennen gelernt hatten, haben in dem einen Jahr eine Menge dazu gelernt. Das muss man schon sagen. Als sie durch Zufall herausgefunden hatten, dass auch einige von ihnen im Besitz des Antikergens sind, schienen sie die Entwicklung von Raumschiffen enorm vorangetrieben zu haben.

Als heute Morgen das Raumschiff über unserer Stadt auftauchte, waren wir doch sehr überrascht gewesen. Unsere Tiefenraumsensoren hatten das herannahende Schiff nicht bemerkt. Wahrscheinlich, weil die Technologie auf einem so niedrigen Level rangiert, dass die Sensoren von Atlantis sie nicht als Gefahr erkannten.

Glücklicherweise hatte das schnelle Herauffahren des Schutzschildes und ein gezielter Schuss vor den Bug mit einer der Drohnen die Kuraner ziemlich schnell von ihrem Vorhaben abgebracht. Sie haben aufgegeben und alle Besatzungsmitglieder wurden mit der Beamtechnologie der Daedalus, die noch für eine geraume Zeit über uns im Orbit schwebt, in den Gateraum befördert und nach intensiven Kapitulationsverhandlungen durch das Stargate wieder auf ihren Planeten zurückgeschickt. Was wir jetzt mit dem Raumschiff machen sollen, steht noch in den Sternen.

Doch jetzt, warum ich hier bin. Mir war heute Morgen etwas Merkwürdiges passiert. Als ich mich auf den Stuhl gesetzt hatte, hatte ich mich natürlich sofort auf den Abschuss einer Drohne konzentriert. Doch für den Bruchteil einer Sekunde war es mir erschienen, als hätte ich mich in meinem Schlafquartier befunden. Ein komisches Gefühl, das ich jedoch schnell wieder im Trubel der Ereignisse vergessen hatte. Doch als ich eben mein Quartier betreten hatte, war es mir wieder eingefallen.

Ich gehe langsam um den Stuhl herum und schaue ihn mir von allen Seiten an. Ich bezweifle zwar ganz stark, dass ich, falls an dem Stuhl etwas ungewöhnlich sein sollte, das feststellen würde. Doch eigenartigerweise finde ich etwas. Ein länglicher Kristall ragt aus einer offenen Abdeckung im Sockel des Stuhls. Ein Kristall, der da früher nicht gesteckt hat, soviel weiß selbst ich.

Soll ich ihn herausziehen? Mache ich damit mehr kaputt als heil? Heute Morgen hat er mich ja nicht an der Benutzung des Stuhls gehindert. Eine kleine Ablenkung vielleicht, aber mehr auch nicht.

Jetzt werde ich doch neugierig. Vorsichtig setze ich mich auf den Stuhl, der auch sofort blau zu leuchten beginnt und ...

... finde mich in meinem Quartier wieder. Wie bin ich denn jetzt hierher gekommen? Ich stehe vor meinem Bett und schaue mich verwundert um. Alles scheint normal, alles bis auf die Figur, die da auf meinem Bett liegt. Und selbst irgendeine Figur auf meinem Bett würde mich nicht sonderlich schocken, solange es sich nicht dabei um mich handeln würde.

Der John Sheppard von meinem Bett steht langsam auf und kommt auf mich zu. Zu perplex, um mich zu bewegen, stehe ich steif im Raum und warte ab was geschieht.

Spätestens als diese Kopie meiner Selbst seinen Arm um meinen Oberkörper schlingt und mir einen Kuss auf dem Mund drückt weiß ich, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Okay, ich geb's zu, jeder andere Mensch hätte es wahrscheinlich schon eher kapiert, aber manchmal bin ich eben halt nicht von der schnellen Sorte.

"Du kommst spät, Liebster", begrüßt mich mein zweites Ich. Noch immer stehe ich stocksteif da und lasse alles mit mir geschehen.

Der andere fängt an, eine Spur an meinem Hals herunter zu küssen, was mich schlussendlich aus meiner Starre reißt. Mit einer schnellen Bewegung stoße ich ihn von mir weg und er fällt rückwärts auf mein Bett, sein Bett, wessen Bett auch immer.

"Rodney, was ist los mit dir?", kommt es mit erschrockener Stimme von meinem Zwilling.

Rodney? Halt! Stopp! Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Warum spricht mich eine Kopie von mir mit 'Rodney' an? Kann er denn nicht sehen, dass ich es bin. Der echte John Sheppard, wie er leibt und lebt?

So langsam beginnt es zu dämmern, nicht draußen, da ist es stockdunkel, sondern in meinem Verstand. Noch vor einigen Minuten hatte ich mich im Stuhlraum im Hauptturm von Atlantis befunden und war innerhalb eines Sekundenbruchteils in mein Quartier katapultiert worden. Befinde ich mich etwa immer noch auf dem Stuhl und träume das alles hier?

"Wer bist du?", frage ich meinen Doppelgänger. Mit einem tiefen Seufzer setze ich mich auf die Bettkante.

"Rodney, was soll die dumme Frage? Ich bin's, John." Und schon war dieser John wieder dabei, mich mit Küssen zu übersäen. Sanft, aber bestimmt schiebe ich ihn von mir weg.

"Ich bin nicht Rodney", gebe ich ihm bestimmt zu verstehen. Doch das scheint ihm nichts zu bedeuten, denn er rutscht wieder näher an mich heran und beginnt mit einer Hand über meine Brust zu streicheln. Ein leises Stöhnen entfährt mir, als er mit einem Daumen meinen rechten Nippel zu reiben beginnt. Ich merke, wie sich in mir etwas regt.

Okay, das muss ein Ende haben. Ich habe nichts gegen Sex, ganz und gar nicht. Selbst Sex mit Männern stehe ich relativ aufgeschlossen gegenüber, aber das hier ... das hier geht zu weit.

Ich springe auf und drücke auf den Knopf der Nachtschränkchenlampe, um den Raum zu erhellen, um diesem Mann von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen zu können, um ihm sagen zu können, dass er sich irrt, dass das alles nur ein Traum ist, eine Halluzination, ein Hologramm, und ...

... sitze wieder auf dem Antikerstuhl im Hauptturm von Atlantis und keuche erschrocken auf. Eine Halluzination, nicht mehr. Nur ein Traum. Nur, es war alles so echt gewesen. Ich kann noch immer die Berührung seiner Hand auf meinem Nippel spüren, wie er dort gerieben hatte und wie sich mein Glied geregt hatte. Doch kein Traum. Nein, ein Hologramm, das war es.

Erschrocken springe ich vom Stuhl und starre auf den Kristallstab in der Konsole. Jemand hat daran herumgespielt und ich kann mir ganz genau vorstellen, wer dieser jemand ist. Na warte, Rodney, du kannst was erleben.
Ende


mella68: (McShep)
2007-03-30 08:38 am
Entry tags:

Fic: Morning

Short-Cut: Am Morgen sieht alles anders aus.
Spoiler: 2. Staffel
Charakter: McKay, Sheppard
Kategorie: Vignette, Slash
Rating: NC-17
Länge: 750 Wörter
Authors Note: Ganz lieben Dank an [livejournal.com profile] nv1978 für das Beta
Disclaimer: MGM Television Entertainment

Zur Story und zum Coverbild )
mella68: (Default)
2007-03-30 08:38 am
Entry tags:

Morning



Morning


Das Vibrieren meiner Armbanduhr weckt mich aus den schönsten Träumen. Als ich die Augen öffne sehe ich, dass bereits die aufgehende Sonne in mein Fenster scheint. Genüsslich drehe ich mich auf die andere Seite und stoße dabei versehentlich mit dem Ellbogen in die Seite meines Bettgenossen. Oh, ich liebe es, neben John aufzuwachen, auch wenn es leider viel zu selten vorkommt.

"Guten Morgen, Liebster", werde ich von John begrüßt. Er streckt seinen Kopf vor und küsst mich in die Halsbeuge.

"Es ist schon hell", stelle ich überflüssigerweise fest. Meine Gedanken schweifen zu meinem derzeitigen Projekt bezüglich des Antikerstuhls. John weiß darüber nicht Bescheid, es interessiert ihn auch nicht sonderlich, solange es nicht darum geht, den Stuhl wieder als Waffe einsetzen zu können. Aber ich hatte vor einiger Zeit entdeckt, dass der Stuhl auch noch für anderes als nur die Abwehr für Atlantis einzusetzen ist.

"Musst du denn schon gehen?" John kuschelt sein Gesicht enger an meinen Hals. Das bringt mich wieder zu meinem derzeitigen Dilemma. Ich muss gehen.

"Du weißt, dass man mich hier nicht erwischen darf. Dann ist alles aus", erwidere ich.

Ich versuche aufzustehen, doch ein warmer Arm schlingt sich um meinen Oberkörper und hält mich im Bett fest. "Bleib noch."

Resignierend lasse ich mich wieder zurück auf die Matratze fallen. John stützt sich auf seinen Ellbogen und beginnt, eine Linie von meinem Hals hinunter zu meiner Brustwarze zu küssen. Schon auf halber Strecke wird meine Atmung schwerer und ich muss mich beherrschen, nicht allzu laut aufzustöhnen. Ich spüre, wie sich mein Penis versteift. Warme Lippen umfangen meinen Nippel und ich kann mich nicht mehr zurückhalten. Doch John zeigt Mitleid und führt seinen Weg fort, weiter meinen Bauch hinunter.

"Nicht, John.", stöhne ich auf. "Wir haben doch keine Zeit mehr, ich muss..." Zu mehr komme ich nicht mehr, denn das Gefühl von Johns Zunge in meinem Bauchnabel lässt mich scharf die Luft einsaugen. Alle Gedanken ans Aufstehen sind mit einem Mal wie weggeblasen, sprichwörtlich.

Mit einer geschmeidigen Bewegung verändert John seine Position auf dem Bett und kniet nun neben mir, während sich seine Lippen unaufhaltsam ihrem Ziel nähern. Keine Frage, was das sein dürfte.

Meine Hände krallen sich in das Laken, als Johns Lippen die Spitze meines Penis umhüllen, der inzwischen vollkommen erigiert und aufgerichtet ist. Ich fühle, wie meine Hoden anschwellen und sich weiter in meinen Unterleib zurückziehen. Mit einer reflexartigen Bewegung stoße ich meinen Unterleib nach oben, doch John zieht sich gleichzeitig etwas zurück und hebt seinen Kopf, um mich schelmisch anzugrinsen.

Stöhnend drücke ich meinen Kopf fester in die Kissen und schließe meine Augen. Was hatte ich noch mal tun wollen? Ach ja, aufstehen, gehen ... bleiben und genießen.

John lässt seine Zunge an meinem Schaft rauf und runter gleiten. Er liebt dieses Spiel, weiß er doch genau, dass es mich zur Weißglut treibt. Plötzlich spüre ich, dass ich mich nicht länger zurückhalten kann. Mein Unterleib verkrampft sich und der Orgasmus überwältigt mich.

Als ich wieder halbwegs ruhig atmen kann, fühle ich, dass Johns Mund meinen langsam abschwellenden Penis umfangen hält. Wie gut, dass er es wieder rechtzeitig geschafft hat, mein Sperma zu schlucken, bevor wir im Bett wieder eine Sauerei veranstalten. John entlässt meinen Penis und beginnt, die letzten Spuren meiner Ejakulation abzulecken.

Der Gedanke an die Uhrzeit schleicht sich langsam wieder in mein Gehirn. Es ist schon hell. Das sollte mich eigentlich dazu veranlassen, sofort aus dem Bett zu springen und diesen Raum zu verlassen. Doch ich habe gemerkt, dass ich in letzter Zeit immer sorgloser werde. Das muss sich ändern, sonst erwischt man mich doch noch eines schönen Tages.

Aus dem Heben und Senken der Matratze schließe ich, dass John aufgestanden ist. Einen Moment später fühle ich einen feuchten, warmen Waschlappen an meinen Genitalien. Wie gut, dass John immer mitdenkt. Nicht auszudenken, wenn mich jemand mit einem feuchten Fleck in der Hose auf dem Weg zurück zu meinem Quartier sehen würde.

Nachdem sich mein gesamter Körper wieder beruhigt hat, schließe ich mit einem zufriedenen Seufzer die Augen und drücke auf den Knopf der Nachtschränkchenlampe. Ein kurzes Aufflackern der Beleuchtung und ich finde mich in der kühlen Umgebung des Raumes vom Kontrollstuhl wieder.

Das helle Tageslicht, das noch kurz zuvor meinen Körper auf dem Bett erwärmt hat, wird durch das gedämmte, bläuliche Licht des Kontrollstuhls ersetzt. Noch immer leicht benommen von dem fantastischen Orgasmus, der meinen Körper noch vor wenigen Minuten geschüttelt hat, erhebe ich mich vom Stuhl. Augenblicklich erlischt das blaue Licht und ich finde mich im Halbdunkeln wieder.

Seufzend streiche ich mit der Hand über den Kontrollstuhl. Allzu oft kann ich mir diese Sitzungen nicht mehr gönnen. Durch das Auffinden von Ersatzdrohnen auf Eldred's Planeten ist der Stuhl für seine ursprüngliche Aufgabe wieder einsatzbereit. Und wegen der ständigen Bedrohung durch die Wraith wird das wohl auch bald wieder der Fall sein.

Ich ziehe meinen Programmkristall aus dem Sockel des Stuhls und schließe die Abdeckung. Mit einem letzten Blick verlasse ich den Stuhlraum und schleiche mich im Halbdunkel des Morgengrauens zurück zu meinem Quartier. Ein neuer Tag auf Atlantis erwartet mich. Ein neuer Tag mit John, der niemals etwas von diesem Programm erfahren darf.

Ende



mella68: (Default)
2006-12-27 12:15 am
Entry tags:

Liar, Liar, Pants on Fire



Liar, Liar, Pants on Fire

von Mella

„Sandburg, waren wir nicht heute Morgen um zehn hier verabredet?“
Blair Sandburg, der gerade von einem leichten Hustenanfall geschüttelt das Büro von Major Crime betreten hatte, stoppte abrupt und lugte möglichst unauffällig auf seine Armbanduhr. Verdammt, fünf nach zwölf. Er hatte es total vergessen. Nicht, dass er etwas Wichtigeres vorgehabt hätte, nein, schlicht und einfach vergessen.
"Ähm ... tut mir leid, Jim. Ich war beim Dekan zu einer wichtigen Besprechung über unsere Fakultätsfinanzen. Hatte ich dir davon nicht erzählt? Stand schon seit einer Woche auf dem Terminplan."
Eine kleine Notlüge, aber er konnte wohl schlecht zugeben, dass er den Vormittag mit dem Aufräumen der Weihnachtsschmuckkartons im Keller verbracht hatte, weil ihm nichts Besseres eingefallen war, oder genau genommen das 'Bessere' vergessen hatte.
"Ich hätte deine Hilfe wirklich gut bei der Befragung des Zeugen gebrauchen können. Ich hatte einige Mühe mich auf ihn zu konzentrieren, um rauszukriegen, ob er gelogen hat oder nicht." Jim war sauer, eindeutig.
Ups, hatte Jim wohl erkannt, dass er eben gelogen hatte? Hoffentlich nicht.
Jim blickte ihn mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck an, nickte nur knapp, ehe er sich wieder den Akten auf seinem Schreibtisch zuwandte.
Leicht geknickt zog sich Blair einen freien Stuhl heran und setzte sich neben Ellison.
"Woran arbeitest du?"
"Immer noch dieselbe Sache.“
"Der Abraham-Fall? Gibt’s was Neues?“
"Nichts, Chief, rein gar nichts.“ Jim taute etwas auf. „Der Zeuge von heute Morgen, Jeff Fraiser, ein Fahrer der Firma, hat uns auch nichts Neues erzählt – obwohl ich das dumpfe Gefühl habe, dass er mehr weiß."
Die Abraham Diamond Ltd., landesweit führend im Diamantenhandel, hatte den Verdacht geäußert, dass einer oder mehrere ihrer Mitarbeiter in Diebstähle verwickelt waren. Der Schaden ging in die Millionen. Bisher konnte jedoch nicht ermittelt werden, wann und wo diese Diebstähle genau von statten gingen. Der Kreis der Verdächtigen war überschaubar, aber noch fehlte es an Beweisen.
Jim zog mehrere dünne Hefter aus seinem Aktenstapel hervor und schob sie zu Blair.
„Hier, wo du jetzt endlich da bist, kannst du dich auch nützlich machen. Diese Aussagen müssen noch überprüft werden.“
Blair klappte die oberste Akte auf und begann zu lesen.
***
Sandburgs Aktenstudium gab Jim Zeit, über die eben gehörte Notlüge nachzudenken. Ja, er wusste genau, dass Blair ihn angeschwindelt hatte. Sandburg konnte zwar sprichwörtlich lügen ohne rot zu werden, aber das nützte ihm hier natürlich nicht viel. Sein beschleunigter Herzschlag beim Erwischtwerden hatte ihn verraten.
Natürlich, Blair konnte mit Recht verlangen, dass Jim nicht jeden seiner Sätze auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfte. Und das tat er auch nicht, jedenfalls nicht vorsätzlich. Es war mehr so, dass es ihm in letzter Zeit zu einer lieben Gewohnheit geworden war, den Puls und die Atmung seines Guides aufzuschnappen, sobald dieser in seine Nähe kam. So kam es auch, dass er in den letzten Monaten leider immer häufiger feststellen musste, dass Blair es mit der Wahrheit nicht immer so genau nahm. Eine kleine Notlüge fürs Zuspätkommen hier, eine kleine Schwindelei über unerledigte Hausarbeiten da, Ausreden für versprochene und dann doch vergessene Anrufe. Und leider kam es immer häufiger vor.
"Hier, schau dir das an. Die Aussagen der beiden Fahrer widersprechen sich. Ihre Angaben über ihre Mittagszeiten, die laut Firmenpolitik immer zeitgleich verbracht werden müssen, unterscheiden sich um fast zwanzig Minuten. Da sollten wir mal nachhaken."
Aus seinen Grübeleien aufgeschreckt, lehnte sich Jim vor und überprüfte die angegebenen Zeiten. Sandburg hatte Recht. Das war die erste wirklich heiße Spur. Die Frage, warum Blair in letzter Zeit log wie Münchhausen, würde warten müssen. Es gab Arbeit zu erledigen.
***
Die Ausdrucke der elektronischen Zeiterfassung durchzusehen, hatte zwar länger gedauert als erwartet, aber dafür hatten sie Ergebnisse vorzuweisen und beschlossen, es für heute gut sein zu lassen. Jim war zufrieden mit dem Ergebnis. Alle Fahrer hatten wasserdichte Alibis für die Tatzeiten – bis auf zwei. Deren Alibis waren löchriger als ein Schweizer Käse, praktisch nicht existent. Sie hatten ihre Hauptverdächtigen.)
Blair, der auf dem Beifahrersitz des Trucks hockte, wurde gerade wieder von einem Hustenanfall geschüttelt. Eigentlich gehörte er ja ins Bett, das wusste er selbst. Aber um den dummen Vorfall vom Morgen wieder wettzumachen, war er den ganzen Nachmittag bemüht gewesen, Jim auf jegliche Art zu unterstützen.
Blair bemerkte, wie Jim ihn mit kritischem Auge betrachtete.
"Chief, vielleicht sollte ich heute Abend doch zu Hause bleiben. Du hörst dich gar nicht gut an. Und dein Fieber kann ich in einem Meter Entfernung spüren."
Oh, Mann. Jims Verabredung mit Marcy. Daran hatte er überhaupt nicht mehr gedacht. Blair spürte einen leichten Stich von Eifersucht, beherrschte sich dann aber. "Ist halb so schlimm.“ antwortete er gleichmütig. „Ich muss ohnehin heute Abend noch die Semesterabschlussarbeiten korrigieren. Du kannst also ruhig ausgehen."
"Bist du sicher, dass du heute noch arbeiten solltest? Deine Bronchien rasseln wie ein Kettenfahrzeug", drängte Jim.
"Nein, nein, mir geht's prima“ leugnete Blair. „Ich muss die Arbeiten wirklich noch vor Weihnachten erledigen und abgeben. Aber wenn du drauf bestehst, leg ich mich auf die Couch und gönn’ mir heute einen ruhigen Abend
Wer's glaubt, wird selig, Chief, dachte Jim. Dir geht’s überhaupt nicht prima. Aber wenn du es so willst, meinetwegen. Ich wünschte nur, du könntest mal für einen Tag sehen, was du mit deinen kleinen Flunkereien so anrichtest.
In diesem Moment rief Blair, "Jim, schau nur, eine Sternschnuppe. Das ist etwas ganz Besonderes am Dezemberhimmel." Er wedelte aufgeregt mit einer Hand in Richtung Windschutzscheibe. "Wünsch dir was."
Habe ich schon, Chief, habe ich schon.
***
Es war schon nach Mitternacht, als Jim von seinem Date nach Hause zurückkehrte. Er hatte die teils angenehme, teils etwas langweilige Gesellschaft von Marcy MacLaine ertragen, obwohl er viel lieber in Gesellschaft einer anderen Person gewesen wäre, wie er sich selbst eingestand.
Als Jim das Loft betrat, fand er Blair auf dem Sofa schlafend vor. Leise legte er die Schlüssel auf die Anrichte neben der Tür und zog seine Jacke aus.
Auf dem Wohnzimmertisch stand Blairs Laptop, noch ans Telefonnetz angeschlossen, und ein Bildschirmschoner mit laufenden Wölfen flackerte auf dem Display, was deutlich aussagte, dass der Laptop vor gar nicht allzu langer Zeit benutzt worden war, denn sonst wäre er inzwischen zum Energiesparmodus übergewechselt.
Soviel zum Thema Ausruhen, dachte Jim bei sich. Er beugte sich über die Rückenlehne der Couch und schüttelte Blair sanft an der Schulter.
Leise winselnd drehte sich Blair auf den Rücken und öffnete schläfrig seine Augen. Dann setzte er sich abrupt auf, was ihm einen Hustenanfall eintrug. Er krümmte sich nach vorne und hustete, bis ihm die Luft wegblieb. Jim klopfte ihm auf den Rücken, um ihm das Abhusten zu erleichtern.
Als Blair endlich wieder zu Atem kam, sank er keuchend zurück auf die Couch.
"Oh Mann, ich hasse es krank zu sein", stöhnte Blair mitleiderregend.
"Wie war dein Abend, Chief? Hast du dich ausgeruht, wie versprochen?", fragte Jim.
Na sicher, bin schon seit neun auf dem Sofa, wollte Blair antworten, aber heraus kam, "Bin nicht dazu gekommen. Ich musste die Arbeiten noch korrigieren und etwas recherchieren. Ich sitze hier seit Stunden vor dem Laptop und arbeite."
Vor lauter Schreck musste Blair wieder husten und schlug sich die Hand vor den Mund. Für Jim sah es so aus, als würde er sich wegen des Hustens die Hand vor den Mund halten, tatsächlich war er aber so erschrocken über seine Antwort, dass er lieber nicht riskieren wollte, dass weitere ungewollte Sätze aus ihm heraus sprudelten.
Diese Antwort hatte Jim jetzt nicht erwartet. Was er erwartete hatte, waren Ausflüchte und Ausreden. Er setzte sich auf die Kante des Wohnzimmertisches und legte Blair eine Hand auf die Stirn.
"Fast hundertvier, Chief. Los, ab ins Bett mit dir. Hast du die Aspirin genommen, die ich dir rausgelegt hatte ?"
Blair, der nicht allzu viel von chemischen Medikamenten hielt, hatte sich stattdessen einen Kräutertee zubereitet. Da er genau wusste, dass Jim nicht allzu viel von seinen natürlichen Heilmittelchen hielt, war es wohl nicht angebracht, Jim die Wahrheit zu sagen, dass er nämlich die Tabletten in der Toilette hinunter gespült hatte.
Doch des beabsichtigten 'Hab ich, Jim' sprudelte etwas gänzlich Anderes hervor. "Die ist im Klo gelandet, Jim. Du weißt, dass ich keine Chemie in meinem Körper will. Ich dachte mir, ein Kräutertee wirkt besser."
Leider kam diesmal kein rettender Hustenanfall, um seinen Schrecken über seine Antwort zu vertuschen.
Langsam zog Jim eine Augenbraue in die Höhe. Okay, das wurde jetzt definitiv unheimlich. Kopfschüttelnd stand er auf, ging zum Medizinschränkchen im Badezimmer und holte eine neue Tablette.
"Die wird jetzt aber geschluckt, sonst stopfe ich sie dir eigenhändig in den Rachen", drohte er, als er mit einer Aspirin und einem Glas Wasser bewaffnet wieder zurückkam.
"Jiiiimmm."
"Keine Widerrede. Wenn du’s nicht schon für dich tust, dann tu’s für mich. Sonst mache ich bei dem Husten heute Nacht kein Auge zu."
Widerstrebend nahm Blair die Tablette und spülte sie mit einem großen Schluck Wasser hinunter.
"Und jetzt ab ins Bett."
Zu müde, um zu widersprechen, schlurfte Blair in Richtung Zimmer unter der Treppe. An der Tür schaute er sich noch einmal um und wünschte Jim eine gute Nacht.
"Dir auch, Chief. Schlaf gut."
Mit einem leisen Klick schloss sich die Tür hinter Blair. Jim fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und sein Blick fiel auf den Laptop. Jetzt erst war das Gerät in Energiesparmodus gefallen. Ein stummer Beweis dafür, das Blair noch bis vor Kurzem daran gearbeitet hatte. Geistesabwesend zog Jim den Stecker aus der Telefondose und klickt mit dem Mauszeiger auf „Computer ausschalten“. Und Sandburg hatte es auch noch zugegeben. Eine Seltenheit in den letzten Monaten. Der Bildschirm wurde schwarz und Jim klappte das Gerät zu.
Stirnrunzelnd stieg er die Treppe hinauf zum Schlafzimmer hoch. Ihm ging nicht aus dem Kopf, was er gerade von Blair gehört hatte. Statt der gewohnten Ausflüchte und Ausreden war er mit der Wahrheit konfrontiert worden.
Es muss ihm wohl wirklich dreckig gehen, wenn er noch nicht einmal darüber flunkern kann, dachte Jim besorgt.
***
Am nächsten Morgen, es war Heiligabend, quälte sich Blair mühsam aus dem Bett und schlurfte in die Küche. Die Nacht war unruhig und wenig erholsam gewesen. Er fühlte sich wie gerädert. Zum Teufel mit Algenmix und Kräutertee, ihm war nach Kaffee. Starkem Kaffee. Müde blinzelte er zur Küchenuhr. Oh verflixt, schon nach neun. Zeit, sich etwas zu beeilen, falls er die korrigierten Arbeiten noch rechtzeitig abliefern wollte, ehe er zu Jim ins Büro fuhr.
Ein Zettel auf dem Küchentisch fiel ihm ins Auge. Habe deine Semesterarbeiten mitgenommen und gebe sie pünktlich im Dekanatsbüro ab. Bleib heute im Bett und erhol dich. Bis heute Abend. J.
Blair musste lächeln. Ihn überkam ein warmes Gefühl bei dem Gedanken daran, dass Jim den Umweg zur Uni in Kauf nahm, um ihn diesen kleinen Gefallen zu tun.
Er schleppte sich ins Badezimmer und warf einen Blick in den Spiegel. Na klasse. Er sah genau so aus, wie er sich fühlte. Seine Augen waren angeschwollen, seine Nase war tiefrot und tröpfelte leise vor sich hin. „Guten Mo...“ Autsch. Aus seiner Kehle kam nur ein leises Krächzen. Und es tat weh, sogar ziemlich. Einfach wundervoll.
Jim hatte Recht. Es war definitiv Zeit für härtere Bandagen. Seufzend öffnete er das Badezimmerkabinett und holte Aspirin sowie eine Flasche Senquil hervor, auf der in seiner eigenen Handschrift "Nicht für Sentinels geeignet" geschrieben stand.
Wenn er die Feiertage einigermaßen munter überstehen wollte, musste er jetzt dringend etwas unternehmen. Er hatte einfach keine Zeit, krankzufeiern. Schließlich war Weihnachten. Auf dem Revier erwarteten alle, das er die traditionelle Betriebsfeier organisierte, wie jedes Jahr. Zum Glück hatte er sich schon Megans Mithilfe gesichert.
"Okay, was sein muss, muss sein." Mit angeekeltem Gesichtsausdruck nahm er einen großen Schluck aus der Hustensaftflasche.
***
"Was machst du denn hier?", fragte Jim mit besorgtem Gesichtsausdruck, als Blair das Büro betrat und sich die Lunge aus dem Leib hustete. "Hatte ich dir nicht gesagt, dass du heute im Bett bleiben sollst?"
Jim hatte sich am Morgen leise aus dem Loft geschlichen, um ihn ja nicht zu wecken. Blair benötigte den erholsamen Schlaf, besonders, nachdem er letzte Nacht so lange aufgeblieben war.
"Es geht mir Scheiße, wenn du's genau wissen willst." Mit einem tiefen Seufzer ließ sich Blair auf den nächstbesten Stuhl fallen und schloss die Augen.
Jim war sichtlich überrascht, eine so wahrheitsgetreue Aussage über Blairs Gesundheitszustand zu hören. Offensichtlich setzte sich Sandburgs - in letzter Zeit eher ungewohnte und fast schon unheimliche - Wahrheitsliebe heute fort. Jedenfalls machte er ihm nichts vor und spielte seinen Zustand nicht herunter. Irgendwas war im Busch.
"Ich habe deine Semesterarbeiten im Sekretariat des Dekanats abgegeben", beruhigte Jim seinen Partner. "Eigentlich solltest du dich heute ausspannen und erholen", tadelte er weiter.
Als Blair den Mund öffnete, um etwas Passendes zu erwidern, ließ ihn sein Mundwerk erneut im Stich. "Stimmt!" Keine Ausrede über vorweihnachtliche Verpflichtungen oder Vorbereitungen von Weihnachtsfeiern. Über seine Lippen kam einfach nur ein knappes ‚Stimmt!’
Vergeblich versuchte er noch ein weiteres Mal, Jim zu erklären, dass noch so vieles für die Departmentfeier organisiert werden musste und er Megan damit unmöglich allein lassen konnte. Doch heraus kam stattdessen: "Ich sag Megan kurz Bescheid, dass ich ihr nicht helfen kann.“
Er stand auf, um in Richtung Megans Schreibtisch am hinteren Ende des Großraumbüros zu gehen, doch urplötzlich schien sich der Raum um ihn herum zu drehen. Er schloss seine Augen und versuchte, das Gleichgewicht wieder erlangen. Ehe er sich versah, fand er sich in den stützenden Armen seines Sentinels wieder, was, wie er insgeheim zugeben musste, gar kein so schlechter Aufenthaltsort war.
Yup, er musste wirklich krank sein, wenn er solche Gedanken zuließ.
In diesem Moment kamen Brown und Rafe zur Tür herein. Rafe reagierte sofort. „Was ist passiert, Jim? Was hat er?“
Jim warf den Beiden einen kurzen Blick zu. „Erkältet und übermüdet.“
Brown rollte die Augen. „Hairboy, Hairboy, hast du denn zu Hause kein Bett zum Schlafen?“
"Doch, aber da habe ich keinen Jim, der mich umarmt", erwiderte Blair leicht nuschelig. Stöhnend schloss er die Augen. Oh Gott, lass mich sterben.
"Okay, das reicht!", bestimmte Jim.
***
Es war schon Mittag, als er Blair ins Loft und auf direktem Weg gleich in dessen Schlafzimmer unter der Treppe gebracht hatte. Jim nahm sich einen Moment Zeit, um seinen kranken Partner zu begutachten.
Blair sah wirklich schlimm aus und sein Husten klang trocken. Sein gerötetes Gesicht und die heiße Stirn zeigten deutlich, dass er wieder Fieber hatte.
"Gut, einfacher Plan: Aspirin, Hustensaft und meinetwegen auch deinen Erkältungstee aus dem Himalaya oder sonst woher. Sag mir nur welchen, und du kriegst ihn."
"Kein' Tee, schmeckt eklig und hilft auch nicht weiter. Brauch was Stärkeres", hörte er Blair leise flüstern.
Stopp mal, wie war das? Hatte er gerade tatsächlich gehört, wie der überzeugte Homöopath zugegeben hatte, die sonst so verachtete "chemische Keule" zu brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen?
Stirnrunzelnd setzte sich Jim neben Blair auf das Bett und begann, ihn von seinen Kleidungsstücken zu befreien. Als Blair nur noch mit Slip und Unterhemd bekleidet war, holte Jim rasch einen Jogginganzug aus dem Schrank und zog ihn seinem Freund über.
Er verfrachtete Blair unter die Bettdecke und ging anschließend ins Badezimmer, um die entsprechenden Medikamente zu holen. Beim Anblick von Blairs Handschrift auf der Hustensaftflasche musste er lächeln. Er war unendlich dankbar dafür, dass Blair es auf sich nahm, sich so sehr um das Wohlergehen seines Sentinels zu kümmern. Wenn Sandburg doch nur genau so sorgsam auf sich achten würde.
Innerlich schalt Jim sich selbst dafür, dass er es hatte soweit kommen lassen. Schon vor Tagen hätte er ein Machtwort sprechen müssen, als er bemerkt hatte, dass Blair mit kleinen Notlügen über seinen schlechten Zustand hinwegzutäuschen versuchte.
Auf dem Weg vom Badezimmer zu Blairs Raum entschied er, dass ein heißer Tee Blairs Kehle wohl doch gut tun würde, egal ob die Kräuter nun halfen oder nicht. Er setzte schnell Wasser im Kessel auf, nahm eine Dose mit Salbeitee vom Regal und wartete, dass das Wasser zum Kochen kam.
Seine Gedanken kehrten zu den Ereignissen des heutigen Tages zurück. Blair hatte nicht einmal versucht, seinen Zustand herunter zu spielen. Hatte er wohl endlich eingesehen, dass es keinen Zweck hatte, einen Sentinel zu belügen?
Kopfschüttelnd ging er zurück in Blairs Zimmer und setzte sich auf die Bettkante.
Blair hatte sich unter der Bettdecke zusammenrollt, schaute ihn aber mit inzwischen nicht mehr ganz so glasigen Augen an.
"Hier ist der Saft und zwei Aspirin. Die senken das Fieber. Wenn es morgen früh nicht besser ist, geht's ab zum Arzt. Haben wir uns verstanden, Chief?"
Blair rappelte sich hoch, setzte sich im Bett auf und nahm dankbar die Tabletten sowie die Tasse an. Fürsorglich legte Jim einen Arm um seine Schultern, um ihn abzustützen.
Blair lehnte sich dankbar in die Umarmung. Gott, das war herrlich. Einfach loslassen können. Sollte sich der Teufel um die Weihnachtsfeier scheren. Jims Arm um seine Schultern fühlte sich einfach zu gut an. Blair setzte die Tasse ab. Jims Hand an seiner Schulter drückte mitfühlend zu, bot Stütze, Verlässlichkeit und das Versprechen, für ihn da zu sein. Unwillkürlich ließ er den Kopf gegen Jims Schulter sinken.
Es fühlte sich gut an.
Auch Jim genoss das gute Gefühl, das ihm die Umarmung bescherte. Wie gerne würde er sich jetzt einfach neben seinen Partner legen und ihn einfach nur halten. Er verstand diese neu entwickelten Gefühle noch nicht ganz. Seit wann fühlte er sich so zu seinem Freund hingezogen?
Jim drückte noch einmal zu, sanfter, diesmal, länger. Das Gewicht von Blairs Kopf an seiner Schulter war eine willkommene Last. Die lebendige Nähe von Blairs Körper eine verlockende Einladung, sich einfach neben ihn zu legen, ihn zu halten, sich zwischen ihn und den Rest der Welt zu stellen bis Blair sich wieder stark genug fühlte, ihr selbst gegenüberzutreten. Verrückt, schließlich war Sandburg ein erwachsener Mann. Jim wandte den Kopf ein wenig und sog verstohlen den Geruch ein, der von Blair ausging. Maskulin. Herb. Vertraut. Aber mit einem deutlichen Stich ins Bittere, der ihm instinktiv verriet, wie hart Blairs Körper gegen die Erkrankung kämpfte. Und plötzlich war es Jim egal, wie verrückt seine Gefühle waren, oder seit wann er sie hegte.
Ein Räuspern von Blair brachte ihn aus seinen Tagträumen zurück in die Wirklichkeit.
"Bist du bei dem Fall weiter?"
"Nein, leider noch nicht. Wir hatten geplant, die beiden Fahrer heute nochmal zum Verhör zu laden, nur sind beide von der Bildfläche verschwunden. Wir haben sie zur Fahndung ausgeschrieben.“
"Nicht gut." Blair musste unwillkürlich wieder daran denken, dass er Jim gestern Morgen belogen hatte. Auch wenn es nur eine kleine Flunkerei gewesen war, wusste er doch, dass Jim nichts auf der Welt so sehr hasste wie Lug und Betrug, ganz besonders unter Freunden.
Er nahm noch einen großen Schluck von dem Tee und fühlte, wie sich seine Bronchien beruhigten. Okay, es war Zeit, reinen Tisch zu machen.
„Jim?“
„Hm?“
"Tut mir leid, aber ich muss dir sagen, dass ich dich gestern belogen habe. Ich hatte ganz einfach vergessen, dass wir verabredet gewesen waren." Ein Husten unterbrach ihn. Jim nahm ihm schnell die Tasse aus der Hand, damit er sich nicht noch an dem heißen Tee verbrühte.
"Schon gut, Chief. Ich weiß, dass es dir leid tut. Und ich wusste schon gestern, dass du mich belogen hast."
Blair wurde noch eine Nuance röter.
"Aber ich bin froh, dass du es schaffst, endlich mal Farbe zu bekennen. Ehrlich gesagt, ich bin ohnehin etwas überrascht. Gestern hättest du dir lieber einen Zahn ziehen lassen, als zuzugeben, dass du dich dreckig fühlst. Heute scheint das kein Problem mehr zu sein. Was ist passiert?“
"Keine Ahnung, irgendwie habe ich heute das Bedürfnis, immer nur die Wahrheit zu sagen."
"Ach, darf ich daraus schließen, dass du es des Öfteren mit der Wahrheit nicht so genau nimmst?"
Das war nun etwas, was Blair überhaupt nicht gerne zugeben wollte, aber schon wieder wollte sein Mund nicht so wie sein Gehirn.
"Leider ja." Erschrocken schlug sich Blair eine Hand vor den Mund, aber es war schon heraus. Stöhnend wollte er sich zurückwerfen, aber Jims Arm um seine Schultern hielt ihn aufrecht.
‚Okay, langsam wird es interessant’, dachte Jim. Irgendetwas ging hier vor, was Blair nicht unter Kontrolle hatte. Blairs erschrockene Geste verriet ihm, dass Sandburg nicht im Entferntesten daran gedacht hatte, so etwas zuzugeben.
"Und darf ich auch annehmen, dass du derzeit nicht lügen kannst?" Jims Stimme klang so unschuldig wie frisch gefallener Schnee. Er kannte die Antwort, oder vermutete sie zumindest.
"Oh Gott, Jim. Tu mir das nicht an. Ja, ich kann im Moment scheinbar nicht die Unwahrheit sagen." Ich will mal hoffen, dass das nicht für ewig anhält, fügte Blair in Gedanken hinzu.
Aha, Sandburg konnte derzeit nicht lügen, wusste der Kuckuck warum. Interessant. ‚Doch, aber da habe ich keinen Jim, der mich umarmt.’ Jims Herz machte einen kleinen, verräterischen Sprung, als er die Tragweite dieser Äußerung realisierte. Blair konnte derzeit nicht lügen. Und nach Scherzen war ihm todsicher nicht gewesen. Das bedeutete... nein. Für dieses Gespräch war er noch nicht bereit, so sehr er sich auch wünschte, es zu sein. Feigling. Blair war nicht der Einzige, der lernen musste, Farbe zu bekennen.
Sandburgs Herz galoppierte, als er sich mit den Händen übers Gesicht fuhr und innerlich aufstöhnte. Das durfte nicht wahr sein. Das konnte einfach nicht wahr sein. So etwas gab es doch gar nicht. War er jetzt dazu verdammt, für immer und ewig die Wahrheit zu sagen? Das klang wie ein verdammtest Märchen. Er warf Jim einen verstohlenen Seitenblick zu und malte sich ein ganzes Szenario an peinlichen Fragen aus, angefangen bei den verfärbten und heimlich entsorgten Socken bis zum Bekenntnis, warum er in drei Jahren noch immer nicht über das Einführungskapitel seiner Dissertation hinausgekommen war. Gott sei Dank hatte Jim keinen Anlass, ihm die schwierigste aller Fragen zu stellen. Das tiefste seiner Geheimnisse, seine Sehnsucht nach Jim, war sicher. Der Gedanke versetzte ihm einen kleinen, schmerzlichen Stich.
Jims Stimme riß ihn aus den Gedanken. "Ich will dich jetzt nicht weiter quälen. Schlaf erstmal eine Runde, und dann sehen wir, wie es dir geht."
Puh, der Kelch war noch einmal an ihm vorübergegangen. Aber er hatte das dumpfe Gefühl, dass dies nicht lange anhalten würde.
Jim nahm die Tasse mit dem inzwischen abgekühlten Tee vom Nachtschränkchen und drückte Blair die zwei Tabletten in die Hand, die dieser auch widerstandslos mit einem Schluck Tee herunter spülte.
"Ruh dich aus. Wir reden später weiter."
Blair hatte es geahnt. Diese Sache war noch nicht ausgestanden.
***
Nachdem Jim das Zimmer verlassen hatte, lauschte er noch eine Weile den rasselnden Atemzügen seines Freundes, bis er sicher war, dass Blair eingeschlafen war.
Den Kopf voller Gedanken, setzte er sich ins Wohnzimmer und versuchte, Ordnung in seine aufgewühlten Gefühle zu bringen. Es hatte keinen Zweck, sich selbst anzulügen. Was er für Blair empfand, war weit mehr als nur Freundschaft.
Er rief sich die letzten Stunden ins Gedächtnis zurück und erinnerte sich an Blairs Körper in seinen Armen. Warm. Solide. Lebendig. Voller Vertrauen hatte sich Blair in seine Umarmung gelehnt. Das Gefühl von Richtigkeit ließ Jims Herz überquellen. So sollte es sein, dies war Blairs Platz. Nicht nur, wenn er krank war.
Lächelnd legte sich Jim auf dem Sofa zurück und lauschte wieder nach seinem Partner. Seine Atmung hatte sich etwas beruhigt, aber noch immer war das Rasseln seiner Bronchien zu hören.
Er merkte nicht einmal, wie er in den Schlaf glitt.
***
Als Blair erwachte, kam ihm als Erstes das geführte Gespräch mit Jim in den Sinn. Was war nur mit ihm geschehen, dass es ihm nicht möglich war, auch nur die kleinste Notlüge oder Flunkerei von sich zu geben? Erst jetzt, nach nur einem Tag der "Wahrsagerei" fiel ihm auf, wie oft er sich doch in kleine Unwahrheiten oder Ausreden flüchtete.
Er liebte Jim. Nicht wie einen Bruder oder einen Freund. Das hier war echte, tiefe Liebe, er wollte sein Leben mit Jim verbringen, er wollte mit ihm alt werden.
Allerdings standen die Chancen dafür nicht besonders gut. Sicher, Jim empfand eine tiefe Zuneigung zu ihm, aber sicher nicht das, was man gemeinhin „Liebe“ nannte.
Ein Klopfen an der Tür zu seinem Zimmer ließ ihn aus seinen Grübeleien hochschrecken.
"Ich bin wach", krächzte er mühsam.
Die Tür öffnete sich und Jim erschien mit einem Tablett, auf dem ein Teller mit dampfender Suppe stand, dem Geruch nach Hühnersuppe.
Er stellte das Tablett auf Blairs Schreibtisch ab, wo zum Glück noch eine Ecke frei war. Dann ging er zum Bett und half Blair sich aufzusetzen. Mit langgestrecktem Arm angelte er nach dem Tablett und stellte es auf Blairs Schoß ab.
"Wie spät is'es?", nuschelte Blair. Da war es wieder, das vertraute Gefühl von Jims Arm um seine Schultern.
"Schon nach sieben", antwortete Jim. "Simon hat angerufen. Ich muss gleich nochmal weg. Einer der Verdächtigen wurde an der Stadtgrenze abgefangen und zum Verhör reingebracht."
Blair nahm einen Löffel Suppe und schluckte langsam. Sein Rachen tat ihm vom vielen Husten immer noch weh.
"Ich komme ..." mit, versuchte Blair zu sagen, aber Jim fiel ihm ins Wort.
"Nichts da. Du bleibst schön im Bett. Ich schaffe das auch alleine."
"Jim, du brauchst mich."
Ach ja. Der Misserfolg vom Vortag. Der unausgesprochene Vorwurf, den er Blair da gemacht hatte, schlug jetzt auf ihn zurück und war im Begriff, seinen Partner vorzeitig aus dem Bett zu treiben.
"Ich brauche einen gesunden Partner, auf den ich mich verlassen kann." Okay, das war jetzt etwas unter der Gürtellinie, aber wenn ein wenig schlechtes Gewissen dabei half, dass Blair sich schonte, lag so ein Schachzug keineswegs unter Jims Würde.
"Jim, ich hatte schon gesagt, dass es mir Leid tut, was willst du denn noch?"
"Ich weiß nicht, was hier vor sich geht.“ Jim fuhr sich mit der Hand durch die Haare und schaute in eine andere Richtung. Er konnte bei dem, was er jetzt zu sagen hatte, keine Ablenkung gebrauchen. „Wenn es wirklich so ist, dass du nur noch die Wahrheit sagen kannst, dann muss ich davon ausgehen, dass das, was du eben gesagt hast, nämlich dass ich dich brauche, auch der Wahrheit entspricht."
Blair blickte ihn verständnislos an. "Und?"
Verflixt, das war schwerer, als er sich vorgestellt hatte. Er setzte sich auf die Bettkante und blickte seinen Partner wieder in die Augen. "Hör zu, Blair. Ich brauche dich tatsächlich. Nicht nur beruflich."
Blairs Augen wurden groß und fragend. Jim holte Luft.
"Ich brauche dich in meinem Leben. Aber ich kann nicht mit jemandem leben, der mich anlügt. Der über Belanglosigkeiten schwindelt und vielleicht auch über wichtigere Sachen lügt. Und es gibt Dinge... Ich habe darüber nachgedacht...“ Jim suchte nach Worten.
"Jim, was ist los?“ Blairs Stimme war nur ein Flüstern.
Jim reckte die Schultern und sah Blair geradewegs ins Gesicht. "Ich weiß nicht mehr wo ich mit dir stehe. Ich brauche eine ehrliche Antwort. Um was geht es dir wirklich? Nur um deine Doktorarbeit? Was bin ich für dich? Siehst du mich wirklich als Freund? Was fühlst du für mich?“
Ich hasse dich, ich hasse dich, ich hasse dich, dachte Blair verzweifelt, wusste er doch genau, dass etwas vollkommen anderes über seine Lippen kommen würde. Er bemühte sich verzweifelt, seinen Mund geschlossen zu halten, aber es hatte keinen Zweck, es sprudelte nur so aus ihm heraus.
"Ichliebedich."
Ein Moment des Schweigens entstand. Langsam glitt ein Lächeln auf Jims Gesicht, das Blair leider nicht sehen konnte, weil er krampfhaft auf die Bettdecke starrte, um Jims Blick nicht begegnen zu müssen.
***
Fröhlich pfeifend verließ Jim den Verhörraum. Obwohl es schon nach Sieben war und es einige Zeit gedauert hatte, bis er dem Verdächtigen ein Geständnis entlocken konnte, war er guter bester Laune. Wie konnte er auch anders? Ichliebedich. Der wundervolle Klang dieser drei gekrächzten Worte hallte noch immer in seinen Ohren. Er konnte es noch immer kaum fassen. Blair erwiderte seine Gefühle.
Wie ein Honigkuchenpferd grinsend steckte er noch kurz seinen Kopf durch Simons Bürotür. Auch Simon war noch hier geblieben, in der Hoffnung, dass sie diesen Fall noch vor den Feiertagen zu einem Abschluss bringen konnten.
"Simon", rief Jim fröhlich in die Tür. "Ich verabschiede mich dann für die nächsten Tage."
"Ja, ich wünsche Ihnen und Sandburg schöne Feiertage. Sie haben es sich verdient. Grüßen Sie ihn von mir und ich wünsche gute Besserung. Wir sehen uns dann am Siebenundzwanzigsten."
"Mach ich, Simon. Gute Nacht."
Weiterhin fröhlich vor sich hinpfeifend fuhr er mit dem Fahrstuhl ins Kellergeschoss und nahm seinen Weg an einigen kopfschüttelnden uniformierten Kollegen vorbei zu seinem Truck.
Er war gespannt, was ihn zu Hause erwarten würde. Nach Blairs spontanem Geständnis vom Abend hatte er ohne weitere Worte das Zimmer verlassen. Er hasste es, Sandburg in seinem Dilemma allein lassen zu müssen, aber er hatte zurück ins Revier gemusst. Zudem war er vorhin einfach nicht in der Lage gewesen, auf das Gehörte entsprechend zu reagieren.
Welche kosmische Macht auch immer Blair dazu gebracht hatte, heute nur die Wahrheit zu sagen, er war dankbar dafür. Doch konnte er sich nicht vorstellen, dass das immer so weiter gehen würde. Zwar stand er als Sentinel unerklärlichen Dingen etwas aufgeschlossener gegenüber als andere Menschen, allein was seine Visionen betraf, dennoch hatte er einige Zeit gebraucht, um die Ereignisse vom Nachmittag zu verdauen.
Er konnte sich noch vage an seinen Wunsch vom Vorabend erinnern, dass Blair mal für einen Tag spüren sollte, was seine Flunkereien und Ausreden für Folgen hatte. Wann war das nochmal gewesen, ah ja, so gegen sieben waren sie nach Hause gekommen und hatten die Sternschnuppe gesehen. Mit einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr stellte er fest, dass es bereits so spät war. Wenn er Pech hatte, dann war die Zeit der Wahrheit nun vorbei.
***
Als Jim das Loft betrat, fiel sein erster Blick auf Sandburg, der auf dem Sofa saß. Sein zweiter Blick fiel auf den vollgestopften Rucksack zu seinen Füßen. Mit einem Mal war seine gute Laune wie weggeblasen.
"Darf ich fragen, was das zu bedeuten hat?" Jims Stimme klang enttäuscht.
Blair stand langsam auf und ging auf Ellison zu. Er hatte seine Ansprache den ganzen Nachmittag, zumindest solange er wach und auf Grund der Tabletten zurechnungsfähig gewesen war, geübt. Er hatte sich Ausreden und Ausflüchte überlegt, aber selbst beim Üben, ohne dass ihm jemand gegenüberstand, war es ihm nicht möglich gewesen, eine Unwahrheit auszusprechen.
"Jim, es tut mir leid, wenn ich dich mit meinem Geständnis geschockt habe. Aber es ist die Wahrheit. Ich liebe dich. Und daran wird sich auch nichts ändern. Es hat lange gedauert, bis ich mir darüber wirklich im Klaren war. Aber ich weiß es schon seit einiger Zeit und nun ist es raus. Ich werde mir natürlich eine neue Wohnung suchen. Heute Nacht kann ich bei ...."
Ehe er weiter sprechen konnte, fand er sich in Jims Armen wieder und ein Kuss verschloss seinen Mund. Nach einer, wie es ihm vorkam, halben Ewigkeit löste sich Jims Mund wieder von seinem und er blickte in ein Paar strahlende blaue Augen.
"Du Dummie, ich liebe dich doch auch“, sagte Jim beruhigend. Er drückte Blair einen weiteren Kuss auf die Stirn, die für seinen Geschmack noch immer viel zu heiß war.
"Es tut mir leid, dass ich vorhin nicht gleich auf dein Geständnis reagiert habe. Aber für mich ist das alles noch ziemlich neu und es hat einige Zeit gedauert mir einzugestehen, dass ich dich auch liebe." Jim drückte Blairs Körper enger an seine Brust. Ja, das war genau der Ort, wo Sandburg hingehörte.
Erleichtert ließ Blair seinen Kopf an Jims Brust sinken. Er musste das erst einmal verdauen. Nie im Leben hätte er geglaubt, dass Jim für ihn die gleichen Gefühle hegte. Ein leichtes Frösteln lief durch seinen Körper. Lag es an der Erkältung oder doch eher an dem Gefühl der Erregung, die Jims Kuss in ihm ausgelöst hatte? Er konnte es nicht genau sagen. Doch Jim spürte den Schauer, der durch Blairs Körper lief, und zog ihn eilig in Richtung Treppe.
"Los, komm, so sehr ich es auch genießen würde, hier weiter mit dir eng umschlungen herum zu stehen. Doch du bist noch krank und gehörst ins Bett, vorzugsweise in meins."
"Jim, ich weiß ja nicht, ob ich schon dazu bereit bin, ein Bett mit dir zu teilen", widersprach Blair, doch auf seinem Gesicht war ein Grinsen zu sehen und er ließ sich bereitwillig von Jim die Treppe hinaufschieben.
Verwirrt sah Jim ihm hinterher, doch dann dämmerte es ihm. Ein Blick auf die Armbanduhr zeigte, dass die Zeit der absoluten Wahrheit nun also endgültig vorbei war.

mella68: (Default)
2006-09-27 01:16 pm
Entry tags:

Anxiety




Anxiety
von Mella


Colonel John Sheppard stürmte mit wütendem Gesichtsausdruck durchs Stargate zurück in den Atlantis Kommandoraum. Er war klitschnass und stinksauer. Ihm folgen Teyla und Ronon - im Gegensatz zu ihm in trockenen Sachen und einem süffisanten Lächeln auf dem Gesicht. Zuletzt kam ein pudelnasser Dr. Rodney McKay hinterher getrottet.

Dieser grüßte keinen der Anwesenden, sondern sah sich leicht beschämt um und verschwand ohne weitere Worte in Richtung Ausgang.

"Willkommen zurück auf Atlantis, Colonel", begrüßte sie Dr. Elizabeth Weir, Kommandantin der Atlantis Basis. "Was ist denn mit Ihnen passiert? Und mit Rodney?", fügte sie mit einem kurzen Blick auf den gerade entschwindenden Dr. McKay hinzu.

"Rodney ist passiert. Das ist passiert. Man sollte doch annehmen, dass ein so kluger Kerl wie er schwimmen kann, oder zumindest so schlau ist, uns so ein wichtiges Detail mitzuteilen!", schimpfte John.

"Ich frage noch einmal, John. Was ist passiert?", verlangte Weir zu wissen.

John winkte mit einer Hand ab. "Nichts Weltbewegendes. Lassen Sie es sich von Teyla erzählen. Ich muss mir erst mal trockene Sachen anziehen." Damit ließ er sie stehen und wanderte ebenfalls in Richtung Ausgang.

Weir sah ihm etwas sprachlos hinterher. Dann wandte sie sich mit neugierig fragendem Blick an Teyla, die immer noch amüsiert lächelnd hinter ihr stand. Elizabeth bemühte sich um einen ernsten Gesichtsausdruck, den sie jedoch nicht lange aufrechterhalten konnte, denn scheinbar war das Geschehene eher lustig.

"Also dann! Teyla, Ronon. Darf ich um Aufklärung bitten?"

***

Als John die langen Gänge zu seinem Quartier hinter sich gebracht hatte, war seine Wut zum größten Teil verflogen. Um ehrlich zu sein, konnte er sogar inzwischen über den Vorfall auf dem Planeten lächeln, wenn auch noch nicht aus voller Brust lachen. Denn er hatte zu viel Angst um Rodney ausgestanden, als dass er es jetzt auf die leichte Schulter nehmen konnte. Zu schnell hätte es passieren können, dass er Rodney verlor.

Ohne weiter darüber nachzudenken, ging er an der Tür zu seinem Quartier vorüber, wie er es schon so oft getan hatte. Kurz darauf stand er vor Rodney McKays Tür. Er drückte auf den Intercomknopf und anschließend auf den Öffnungsmechanismus, ohne eine Aufforderung zum Eintreten abzuwarten.

Rodney war gerade im Begriff, seine nassen Sachen abzulegen und stoppte mitten in der Bewegung, als er sich das Shirt über den Kopf zog.

John genoss den Blick auf Rodneys Bauch. Nicht gerade ein Waschbrettbauch wie seiner, aber ohne die überflüssigen Fettpölsterchen, wie er sie noch vor einem Jahr gehabt hatte. Das regelmäßige gemeinsame Training und die manchmal doch anstrengenden Missionen machten sich bezahlt.

Nachdem der kleine Schock über Johns unerwartetes Auftauchen überwunden war, zog Rodney das Shirt wieder über seinen Bauch und schaute Sheppard empört an.

"Was willst du denn hier? Lass mich einfach in Ruhe."

"Rodney, wir müssen darüber reden. Ich seh' doch, dass es dich beschäftigt."

"Genau, mich beschäftigt etwas. Und zwar, dass inzwischen wahrscheinlich die ganze Basis über den Nichtschwimmer McKay lacht", entgegnete Rodney.

"Da stehst du doch drüber", versuchte John ihn zu beruhigen.

Rodney hatte den Zeigefinger erhoben und wollte entrüstet etwas entgegnen, aber John zog ihn in seine Arme und küsste alle weiteren Argumente fort.

"Nicht, Rodney. Zieh deine Sachen aus, sonst holst du dir noch eine Erkältung", sagte John, nachdem er sich wieder von Rodney gelöst hatte.

Er hob das völlig durchnässte Shirt an. Resignierend hob McKay seine Arme und ließ sich das Kleidungsstück über den Kopf ziehen.

"Du hast mir Angst gemacht, Rodney", flüsterte John in Rodneys Ohr. Langsam strich er ihm mit beiden Händen über die Arme. Er spürte, wie Rodney ein wohliger Schauer durchlief. Oder war es doch nur eine Gänsehaut, weil er fror?

Schnell öffnete er den Bund von Rodneys Hose und zog sie ihm über die Hüften.

"Du bist ja ganz kalt, Rodney. Komm, du musst unter die heiße Dusche."

Damit schob er den inzwischen leicht zitternden Doktor in Richtung Badezimmer.

***

Eine halbe Stunde später kam John mit einem Handtuch um die Hüften aus Rodneys Badezimmer, schlug die Bettdecke zurück und schaltete die Deckenbeleuchtung aus. Er setzte sich auf die Bettkante und wartete.

Rodney hatte während des Duschens kaum noch gesprochen, außer einem zittrigen "Kalt" am Anfang und einem genüsslichen "Schön" gegen Ende.

Jetzt kam er mit seiner für ihn so typischen Art von langen Schritten aus dem Badezimmer marschiert und wanderte direkt in Richtung Bett. Davor ließ er sein Handtuch fallen, um dann nackt und ohne ein weiteres Wort unter die Bettdecke zu schlüpfen.

Okay, wenn du es so willst, dann sollst du es so haben, dachte John. Ebenfalls wortlos legte er sich zu ihm und umschlang Rodneys Oberkörper mit seinen Armen. Er spürte, wie angespannt Rodney da lag.

"Rodney, rede mit mir. Du weißt doch, dass ich schon lange nicht mehr sauer bin."

Langsam wich die Anspannung aus Rodneys Körper. Er kuschelte sich zurück in Johns Umarmung und drehte sich dann zu seinem Geliebten. Als er ihm in die Augen blickte, konnte John Scham darin erkennen.

"Es tut mir so Leid, John. Ich habe euch alle gefährdet. Ich hätte schon früher damit rausrücken sollen, dass ich nicht schwimmen kann."

"Rodney, du hast niemanden gefährdet", versuchte John ihn zu beruhigen.

"Doch, doch. Was wäre, wenn der Fluss tiefer gewesen wäre? Was, wenn auf dem Planeten Wraith oder andere gefährliche Bewohner gewesen wären? Und ich gefährde unsere Flucht, indem ich von einem dämlichen Baumstamm falle und in einem Anfall von Panik fast ertrinke."

"Rodney, Liebster, wir waren nicht auf der Flucht, sondern nur auf dem Rückweg zum Stargate."

"Das ist hier nicht der Punkt, John. Ich habe das Team gefährdet, weil ich etwas Wichtiges verschwiegen habe, nur weil es mir peinlich war. Ich hätte schon viel eher sagen müssen, dass ich nicht schwimmen kann", beharrte Rodney. "Ich habe-"

John schlang seine Arme etwas fester um Rodney und drückte ihm einen festen Kuss auf den Mund, um den Redefluss des Wissenschaftlers zu unterbrechen. Nach einem sekundenlangen Verharren gab Rodney nach und erwiderte den Kuss voller Leidenschaft.

"Und jetzt kein Wort mehr über Schwimmen oder Nichtschwimmen. Die Sache ist für mich erledigt. Wir werden uns demnächst um dein kleines Problem kümmern. Ich muss nur in Zukunft in der Nähe von Wasser besser auf dich aufpassen."

Beruhigt kuschelte sich Rodney enger an John. Er war kurz vorm Einnicken, als er ein merkwürdiges Zittern im Körper seines Geliebten spürte.

"John? Ist was?"

"Nichts, gar nichts. Ich musste nur gerade daran denken", erwiderte John. Und plötzlich konnte er sich nicht mehr halten und prustete los.

"Das Ganze ist nicht lustig, John!", beschwerte sich Rodney.

"Ich weiß, Rodney, ich weiß. Aber du hättest dich mal sehen sollen, als du wie ein Maikäfer auf dem Rücken in zwanzig Zentimeter tiefem Wasser lagst und um Hilfe gerufen hast", kicherte John.

"Okay, okay, amüsier dich nur auf meine Kosten, wird bestimmt ohnehin jeder hier auf der Basis tun. Ich gebe ja zu, dass ich überreagiert habe. Aber der Schreck war einfach zu groß."

"Dagegen werden wir etwas unternehmen müssen", versprach John.

Für eine kurze Weile schwiegen beide. Dann vernahm John ein leises Kichern von Rodney.

"Wie ein Maikäfer auf dem Rücken, John?"

***

"Müssen wir so tief hinein?", fragte Rodney leicht beunruhigt. Das Wasser stand ihm schon bis zur Brust.

Von hinten legten sich Sheppards starke Arme um ihn.

"Lass das Gefühl des Wassers auf dich wirken", flüsterte John.

"Es ist nicht das Wasser, vor dem ich Angst habe, sondern mehr das, was ich nicht sehen kann", widersprach Rodney.

Mehrere Besuche im atlantiseigenen Pool hatten gezeigt, dass Rodney ein Naturtalent in Sachen Schwimmen war. Nur war er in seiner Jugend nie dazu gekommen, es richtig zu lernen. Nachdem ihm John die richtigen Techniken gezeigt hatte, bewegte sich Rodney inzwischen wie ein Seehund im Wasser, solange es sich um sauberes Poolwasser handelte, bei dem er den Boden erkennen konnte.

Rodney hatte einige Zeit gebraucht, um sich einzugestehen, dass es nicht das Wasser selbst war, das ihn ängstigte, sondern dass ihn vielmehr die Angst vor dem Unbekannten dazu getrieben hatte, bei dem Vorfall auf dem Planeten so panisch zu reagieren.

John spürte, wie sich Rodney verkrampfte. Beruhigend nahm er ihn in die Arme und hob ihn langsam vom Boden hoch. Hier im Wasser war das eine seiner leichtesten Übungen. Er wünschte, er könnte das auch auf Atlantis.

"Du machst das ganz super, Liebster", versicherte John.

Mit einem verlegenden Lächeln stieß sich Rodney von John ab und machte ein paar Schwimmbewegungen, um sich über Wasser zu halten.

"Es geht. Sieh nur, John, es funktioniert." Glücklich über seinen Erfolg schwamm Rodney zurück in Johns Arme und küsste ihn überschwänglich.

"Natürlich funktioniert es, Rodney", lachte Sheppard. "Wie sieht's aus, mein kleiner Maikäfer? Bereit für einen kurzen Flug über den Teich?" Heimtückisch grinsend tauchte John unter Wasser.

Rodney konnte ein leichtes Zittern nicht unterdrücken, als er die starken Arme an seinen Oberschenkeln spürte. Aber er wusste genau, dass John ihn keiner Gefahr aussetzen würde. Mit einem Ruck wurde er hochgehoben. Johns Oberkörper tauchte wieder aus dem Wasser auf. Er sah fantastisch aus im glitzernden Sonnenlicht. Rodney konnte nicht anders, er musste ihn einfach küssen.